Parakanu-WM: Deutsches Team um Edina Müller und Tom Kierey kämpft um Medaillen und Paralympics-Startplätze

Malerische Seen, leichte Wellen, tolle Landschaft – von Ungarn ging es für Edina Müller über Kroatien und Slowenien nach Italien. Das Ziel: Mailand. Was nach einem spannenden Urlaubstrip klingt, ist in Wirklichkeit eine intensive Trainingstour. Feinschliff für die Weltmeisterschaften im Parakanu steht auf dem Programm (19. bis 22. August 2015). Um bei den Wettkämpfen in Mailand topfit zu sein. Denn dort geht es nicht nur um Medaillen, sondern auch um die ersten Startplätze für die Paralympischen Spiele in Rio 2016. Es ist eine Premiere. Noch nie zuvor waren die Parakanuten Bestandteil des Höhepunkts im Behindertensport.

14.08.2015 – PM DBS / SportGeist / Zeppi:

Edina Müller hat hingegen schon zwei Paralympics-Teilnahmen vorzuweisen. Als Rollstuhlbasketballerin feierte die 32-Jährige große Erfolge: Silber in Peking 2008, Gold in London 2012. „Das war einfach großartig. Ich bin froh, dass ich es miterleben durfte“, sagt die querschnittsgelähmte Hamburgerin, die in Brühl bei Köln aufgewachsen ist. Es waren die schönsten Momente ihrer sportlichen Karriere. Diese hatte sie im vergangenen Jahr nach Platz zwei bei der WM in Kanada eigentlich beendet. Im Basketball hatte sie alles erreicht, eine neue Herausforderung sollte her. „Ich bin zwar schon länger Kajak gefahren, doch ich hatte nicht geplant, noch einmal im Leistungssport aktiv zu werden“, berichtet Müller. Es kam anders.

Edina Müller: Statt 40 Minuten Spieldauer entscheiden nun 200 Meter

Bereits über den Winter trainierte sie bei teils eisigen Temperaturen, ab Februar dann mit ihrem eigenen neunen Rennkajak. Spätestens da war klar: Edina Müller will es doch wieder wissen. Und noch einmal zu den Paralympics. Statt im Rollstuhl und mit Basketball in der Halle nun im Kajak auf dem Wasser. Bei der Europameisterschaft im Mai feierte sie einen perfekten Einstand, holte direkt Silber. „Ich war körperlich schon vorher in guter Verfassung, die sportliche Kondition passte und mein Oberkörper ist gut trainiert“, sagt Müller. In vielen Kraft- und Technikeinheiten hat sie weiter an sich gearbeitet, verbessert sich stetig.

Edina Müller - Foto: Ralf Kuckuck, DBS-Akademie
Edina Müller – Foto: Ralf Kuckuck, DBS-Akademie

Sehr gelungen war auch ihre zweiwöchige Trainingstour von Ungarn nach Italien. „Ich hatte perfekte Bedingungen, konnte einerseits herunterkommen und andererseits zielgerichtet arbeiten und mich auf die WM vorbereiten“, erklärt die Athletin des KC Hamburg, die als offizielle Botschafterin auch Feuer und Flamme ist für Hamburg 2024 – gut sichtbar übrigens auf ihrem Rennkajak. In Mailand will es Edina Müller vor allen Dingen unter die Top sechs schaffen, und so die Qualifikation für Rio packen. Statt 40 Minuten Spieldauer entscheiden darüber nun 200 Meter.

Über 25 Stunden Training pro Woche: Tom Kierey arbeitet hart für sein Ziel

Die Teilnahme an den Paralympics ist auch das große Ziel von Tom Kierey. Da könnte er es auch verschmerzen, wenn er seinen WM-Titel von 2013 nicht wiederholen sollte. „Eine Medaille darf es gerne wieder sein, aber der Blick geht ganz klar nach Rio. Das Training ist langfristig angelegt, Mailand ist ein Zwischenschritt“, betont der 20-jährige gebürtige Dresdner vom KCB Berlin. Die Weltspitze sei hart umkämpft, entsprechend intensiv müsse man an sich arbeiten. Auf über 25 Stunden Training kommt Kierey in der Woche – wohlbemerkt neben seiner Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. „Dort bekomme ich glücklicherweise einige Freiräume für den Sport.“

Der Sport ist ihm sehr wichtig, das Kanu seine große Leidenschaft. Anders als Edina Müller ist er bereits seit vielen Jahren dabei. „Kanu hat in unserer Familie eine große Tradition“, sagt Tom Kierey, der rechts einen Klumpfuß hat und im rechten Unterschenkel 85 Prozent weniger Muskeln. Er saß mit fünf Jahren bereits erstmals im Kanu und hatte bis 2013 bei den Nichtbehinderten mitgemacht, ehe er zum Parakanu wechselte. „Gegen kerngesunde Sportler fehlten mir aufgrund der Behinderung im Bein die entscheidenden Prozente“, erklärt Kierey und ergänzt: „Im Parakanu herrscht ebenfalls sehr hohes Niveau, nur haben meine Konkurrenten eben auch ein Handicap. Es ist auch sehr spannend und wir trainieren deswegen nicht weniger.“

Zur gleichen Zeit am selben Ort: WM in Mailand für Kanuten und Parakanuten

In Mailand will das deutsche Team sein Können unter Beweis stellen. Neben Edina Müller und Tom Kierey kämpfen noch sieben weitere Athletinnen und Athleten um Startplätze für Rio und Medaillen, darunter mit Daniela Sjöberg-Haltkamp (Schwimmen) und Anke Molenthin (Rudern) zwei weitere ehemalige Paralympics-Teilnehmerinnen. Gute Aussichten auf eine Top-6-Platzierung haben noch Stefan Volkmann (Aktiv e.V. Stahnsdorf) sowie Patrik Fogarasi und Ivo Kilian vom Hallescher KC. Außerdem am Start: Maik Polte (Hallescher KC) und Heiko Rösler (ESV Lok RAW Cottbus).

Mathias Neubert, Cheftrainer des deutschen Parakanu-Teams, sagt: „Eine lange Vorbereitung mit zwei weit auseinander liegenden Jahreshöhepunkten mit EM und jetzt der WM liegt hinter uns allen. Jetzt geht es dann richtig ans Eingemachte. Die Sicherung eines Platzes für die Paralympics steht im Mittelpunkt, das bringt auch Planungssicherheit für 2016.“ Die Vorläufe beginnen am Mittwoch, 19. August 2015, und die Wettkämpfe gehen bis Samstag, 22. August 2015. Schöne Randnotiz: Erneut finden die Weltmeisterschaften der Parakanuten zur gleichen Zeit und am selben Ort wie die der Nichtbehinderten statt. Tom Kierey: „Ein tolles Gefühl und ein schönes Beispiel. Ich hoffe, dass es immer so bleiben wird.“

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