Der Architekt des Wunders: Sepp Herberger und der WM-Titel von 1954

02.07.2014 – PM DOSB:

Sepp Herberger und der WM-Titel von 1954

Am kommenden Freitag vor 60 Jahren, am 4. Juli 1954, gewann Deutschland sensationell gegen Ungarn das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft. Der 3:2-Sieg ging als das „Wunder von Bern“ in die Fußballgeschichte ein. Der damalige DFB-Präsident Peco Bauwens formulierte an diesem Tag: „Dieser 4. Juli ist der stolzeste Tag in der 54jährigen Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes. Und der, der die Voraussetzungen dazu schuf, heißt einzig und allein Josef Herberger.“ Die Sepp-Herberger-Stiftung, die seit 1989 als Alleinerbin das Andenken an den Trainer der Weltmeister, „den Chef“, und an seine Frau Eva pflegt, blickt mit dem folgenden Text zurück.

DOSB: Der Architekt des Wunders - Sepp Herberger und der WM-Titel von 1954 - Foto: Fotolia
DOSB: Der Architekt des Wunders – Sepp Herberger und der WM-Titel von 1954 – Foto: Fotolia

Zur ersten WM, an der Kriegsaggressor Deutschland wieder teilnehmen durfte, schwammen die Protagonisten nicht gerade auf einer Euphoriewelle. Die Auslosung hatte sie ausgerechnet mit der Wunder-Mannschaft jener Tage, die im Schnitt 4,3 Tore schoss und seit drei Jahren ungeschlagen war, zusammen geführt: die Ungarn. Das war ein anderes Kaliber als die Qualifikationsgegner, das damals eigenständige Saarland und Norwegen. Bei Buchmachern stand die Quote für den Weltmeister Deutschland auf 9:1 – also krasser Außenseiter.

Es „entspräche aller nüchternen Papierform-Vernunft, wenn die deutsche Mannschaft in acht Tagen aus Spiez besiegt abreisen“ würde, schrieb das Fachmagazin Kicker am 14. Juni 1954. Doch bekanntlich kam es anders. Und das mit 22 Amateuren, denn eine Bundesliga gab es noch nicht, Profispieler daher ebenso wenig. Die WM-Teilnahme bedeutete für etliche Spieler vor allem Verdienstausfall, sie mussten teilweise unbezahlten Urlaub nehmen, zehn Mark Tagesgeld waren ein schwaches Trostpflaster. International war diese Mannschaft mit im Schnitt 6,7 Länderspielen ein unbeschriebenes Blatt.

„Der Chef“, wie Herberger im Team genannt wurde, suchte sich seine Kandidaten aus den vier Oberligen zusammen und fuhr unermüdlich an den Wochenenden durch die Lande. Anders konnte er ihre Form nicht überprüfen, bewegte Fußballbilder gab es nur im Kino – kleine Ausschnitte im Rahmen der Wochenschau. Im Mai zog er die Spieler erstmals zusammen, doch ohne Ball und Hütchen. Im Schwarzwald sollten sie entspannen und sich besser kennenlernen, bei Minigolf und Wanderungen mit Versteckspielen. In München-Grünwald brachte Herberger sie konditionell auf die Höhe, bis zu dreieinhalb Stunden am Tag wurde trainiert. „Dieser Lehrgang schuf die Grundvoraussetzung für unsere sehr gute Verfassung in der Schweiz, wo wir die konditionsstärkste Mannschaft waren“, beteuerte Horst Eckel.

„Ein großartiger Psychologe!“

Herberger reduzierte den Kader dort von 30 auf 22 Spieler. Dabei demonstrierte er Härte und suspendierte den Sodinger Gerhard Harpers, der nachts ausgerissen war. Besser verlassen konnte er sich auf seine Kaiserslauterer Spieler, von denen fünf im Kader und auch in der Stammelf standen. Er trotzte der Kritik, die besonders nach dem vom FCK mit 1:5 verlorenen Finale um die Meisterschaft aufkam. Er nahm seine Lauterer mit zur WM und keinen Spieler von Meister Hannover 96. Ein schwacher Tag sollte sein WM-Gerüst nicht zum Einstürzen bringen. Er brauchte die Lauterer, denn ihr Kapitän Fritz Walter war auch der Herbergers.

Von den 22 Männern, die in den Zug nach Basel stiegen, wussten mindestens neun, dass sie nur Statisten sein würden, zumal Auswechseln verboten war. Aufgebäumt hat sich keiner. „Herberger war ein großartiger Psychologe, der es mit Genialität verstand, 22 Spieler unter einen Hut zu bringen“, lobte der Fürther Karl Mai später das Klima.

Sie bezogen Quartier am Thuner See im idyllischen Örtchen Spiez. Um diese ruhige Unterkunft wurden die Deutschen beneidet, die Wahl war natürlich kein Zufall. Im Auftrag von Herberger war der neunmalige Nationalspieler Albert Sing frühzeitig auf Quartiersuche gegangen.

Die Zimmerbelegung erfolgte mit Bedacht. Herberger legte nach Möglichkeit immer zwei Spieler eines Mannschaftsteils zusammen, so „dass sie sich bis in die letzten Träume hinein noch fachlich unterhalten können“, wie Fritz Walter später süffisant berichtete. Er selbst bekam mit dem positiv verrückten Essener Rechtsaußen Helmut Rahn in Zimmer 303 einen Partner, der vom Naturell her das krasse Gegenteil war. Spaßvogel Rahn sollte Walter aufbauen, der nach der Niederlage im Meisterschaftsfinale zutiefst frustriert angereist war.

Der Chef bekam alles mit

So folgte alles einem Plan. „Der Chef“ regierte mit sanfter Strenge. In Zimmer 313 am Ende des Ganges schien er alles mitzubekommen, was auf der Etage vor sich ging. Als sich Ottmar Walter und Werner Liebrich eines Abends zu später Stunde im Zimmer noch eine Flasche Bier gönnen wollten, schaute Herberger herein, noch ehe sie einen Schluck genommen hatten. Er wünschte nur freundlich „Lasst’s euch schmecken, Männer“. Als der Frankfurter Alfred Pfaff scheinbar unbeobachtet eine Büchse Pils öffnete, fragte Herberger zwar tadelnd: „Ei Alfred, was issen des?“ Der antwortete schlagfertig: „Heimatklänge“. Beide lachten.

Auch Rahn kam ungeschoren davon, als er einmal aus lauter Frust über seine Reservisten-Rolle den Zapfenstreich überzog – und dankte es mit Toren. Auch dass die Spieler im geheimen Abkommen mit dem Barkeeper ihr Feierabendbier aus Milchgläsern tranken, durchschaute er bald. „Na Männer, trinkt ihr wieder euer’ Milch?“, sagte Herberger dann und lächelte wissend. So hat es Eckel erzählt. „Er war wie ein Vater zu uns“, sagte Jupp Posipal. Es war, wie der „Spiegel“ schrieb,  eine sanfte Tyrannei und sie führte zum wohl größten Erfolg des deutschen Fußballs.

3:8-Niederlage gegen den Favoriten

Damit war auch aufgrund des eigentümlichen Modus nicht zu rechnen. Die 16 Mannschaften spielten zwar in Vierer-Gruppen, doch wurden diese noch mal unterteilt – in Gesetzte und Ungesetzte. So durften die vermeintlich Starken nur gegen die vermeintlich Schwachen spielen. Deutschland wurde nebst Punktelieferant Südkorea nicht gesetzt und musste nur gegen Ungarn und die Türkei spielen. Ein Sieg im Auftaktspiel war daher nötig, und er gelang. Wer das 4:1 sehen wollte, musste nach Bern kommen. Das gerade erst in Mode kommende Fernsehen übertrug nicht, das Radio nur die zweite Halbzeit. Am nächsten Morgen kamen 500 deutsche Fans zum Training, feierten die Spieler und holten sich Autogramme, „soweit es der Dienstplan gestattet“, wie Herberger vermeldete.

Vor dem nächsten Spiel in Basel gegen die Ungarn, die Südkorea mit 9:0 verputzten, schonte Herberger fünf Stammspieler und riskierte eine hohe Niederlage. Ihm ging es nur um das sich anbahnende Entscheidungsspiel gegen die Türken, doch 20.000 Deutsche unter den 65.000 sahen das anders. Sie wollten einen fairen Kampf mit der Übermannschaft sehen.

Die Partie war das einzige Vorrundenspiel, das schon vor der WM ausverkauft gewesen war – und ausgerechnet da spielte Deutschland nur mit halber Kraft? Am Ende stand die bis heute höchste deutsche WM-Niederlage, ein unerhörtes 3:8. Herberger sagte vor der Presse: „Ich kann mir denken, dass nun Vorwürfe kommen. Was aber hätte man gesagt, wenn die beste deutsche Mannschaft verloren hätte? So werden wir alles tun, unsere Chance aufs Viertelfinale zu nutzen.“ Seinen Plan mit der B-Elf hatte er dem DFB-Vorstand übrigens schon im April schriftlich mitgeteilt. Das geplante Wunder!

Die empörte Öffentlichkeit wusste das nicht. Der Briefträger brachte nun tagelang etwas andere Fan-Post nach Spiez: Herberger wurde zum Rücktritt aufgefordert oder gleich dazu, sich aufzuhängen. Nur der „Kicker“ hatte Verständnis für das Täuschungsmanöver und die „Freistunde“ der Stammformation: „Noch einmal: als Deutscher musste man froh sein, dass sie geschont wurde und zusehen durfte!“ Nun also ging es wieder gegen die Türken, die nach ihrem 7:0-Schützenfest gegen Südkorea punktgleich waren – das Torverhältnis spielte keine Rolle. Psychologe Her-berger verlas in der Kabine einige der bittersten Briefe aus der Heimat, um die Solidarität der Spieler mit ihrem Chef zu verstärken. In Zürich gewann Deutschland A mit 7:2 und qualifizierte sich für das Viertelfinale gegen Jugoslawien in Genf.

Während es in den drei anderen Spielen regelrecht Tore hagelte, war das der Deutschen gegen Jugoslawien das einzige mit einem „normalen“ Ergebnis (2:0) und Toni Turek der einzige Torhüter, der im Viertelfinale zu Null spielte. Vor dieser Partie fasste Herberger erstmals Vertrauen zu Helmut Rahn, den er Schalkes Berni Klodt auf Rechtsaußen vorzog. Herberger hatte Fritz Walter beim Spaziergang um den Thuner See um Rat gefragt, und der Kapitän empfahl seinen Zimmer-Partner, auch damit er endlich seine Nachtruhe hatte. Denn Rahn hatte genau das immer wieder von Walter gefordert: „Du Fritz, sag doch dem Chef mal, dass ich gut drauf bin.“

Schraubstollen als Teil des Masterplans

Es war ein Glücksgriff, denn Rahns Tor zum 2:0 entschied die Zitter-Partie. Allgemein wurde der deutsche Sieg als glücklich bezeichnet, was die Anhänger nicht davon abhielt, die Helden vom Platz zu tragen.

Noch in der Nacht wurden die Halbfinal-Lose gezogen, und von vorbeifahrenden Fans erfuhren die Deutschen an einer Ampel, dass sie nun auf Österreich träfen – in Basel. An diesem 30. Juni wurden die Helden von Bern geboren, erstmals überhaupt spielte die kommende Weltmeister-Elf. Verteidiger Jupp Posipal war nach seinem freiwilligen Verzicht gegen Jugoslawien wieder im Team, für den Hamburger Teamkollegen Fritz Laband. Herberger hatte seinen einzigen Weltauswahl-Spieler, den Selbstzweifel plagten, noch rechtzeitig stark geredet. 57.418 Zuschauer sollten an diesem Tag die vielleicht beste Vorstellung einer deutschen Mannschaft bei einer WM sehen. Sie waren kein Favorit, aber sie glaubten an sich. Bezeichnend, dass sich Werner Kohlmeyer noch zehn Minuten vor dem Anpfiff in aller Ruhe zu rasieren begann.

Bis zur Pause war es noch ein normales Spiel, Kölns Hans Schäfer hatte das einzige Tor erzielt. Dann wechselten die Deutschen die Stollen – ein Tribut an den regennassen, tiefen Rasen. Schraubstollen kannte die Welt eigentlich noch nicht, sie waren eine deutsche Spezialität und ihre Geheimwaffe bei diesem Turnier. Auch sie waren Teil des Master-Plans. Nach dem Wechsel regnete es Tore, die meisten für die in Grün antretenden Deutschen. Max Morlock erhöhte auf 2:0, und nach dem Gegentor von Probst schlug die große halbe Stunde der Walter-Brüder. Fritz verwandelte zwei Elfmeter, jeweils angestachelt von Ottmar („Was isch, haste Mumm?“), der  wiederum zwei Kopfballtore nach Ecken des Bruders machte. Das sagenhafte 6:1 war auch in der Höhe verdient.

Lorant: „Er wusste alles über uns!“

Im Finale warteten wieder die Ungarn, der scheinbar übermächtige Vorrundengegner hatte auch Titelverteidiger Uruguay eliminiert. Erstmals mussten die Magyaren jedoch in die Verlängerung (4:2), ohne Puskas, der sich beim 8:3 gegen Deutschland verletzt hatte, lief es nicht so rund. Dennoch schraubten sie ihre Serie auf 32 Spiele ohne Niederlage, 28 davon waren Siege – bei 144:33 Toren. Dass sie das Finale gewinnen würden, stand für die Heimat außer Frage.

Aber sie hatten ihre Rechnung ohne Sepp Herberger gemacht, der sein „Wunder“ nun konsequent zu Ende plante. Er schickte Albert Sing ins Hotel der Ungarn nach Solothurn. „Er schrieb alles auf, was wir aßen, wann wir tafelten, wann und wie wir trainierten, wann wir zu Bett gingen, ob allein oder nicht, und was wir abends tranken“, berichtete Gyula Lorant später.

Sogar eine Filmrolle vom historischen 6:3 der Ungarn 1953 in Wembley wurde organisiert, damals ein echtes Kunststück, und den Spielern vorgeführt. Am Spieltag inspizierte Herberger schon morgens den Rasen und ließ sich sogar von einem kleinen Autounfall nicht davon abbringen: Er nahm einen anderen Wagen und fuhr schon Stunden vor dem Anpfiff ins Wankdorf-Stadion. Außerdem setzte er buchstäblich auf die Wetter-Karte und hoffte auf Regen, auf Fritz-Walter-Wetter. Für den anderen Fall hatte er bereits ernsthaft erwogen, den Rasen sprengen zu lassen. Doch nach seinem Anruf bei der Wetterwarte, die „Dauerregen im Gebiet Südbaden und der Schweiz“ verhieß, nahm er davon Abstand.

Ein Spiel dauert 90 Minuten

Als der große Tag des Finales kam, kam auch der Regen, wenngleich mit Verzögerung. Morgens um neun klopfte Werner Liebrich noch aufrichtig besorgt an Zimmertür 303 im Hotel Belvedere und stellte im Pfälzer Idiom fest: „Na Friedrich, was meensche jetzt? Gucke mol, de Planet, wie er sticht.“ Sein Kapitän antwortete: „Kleiner, es ist ja noch früh. Das Wetter wird schon nach Wunsch.“

Er sollte Recht bekommen. Als Erster merkte es Max Morlock, beim Mittagessen. Die kommenden Weltmeister saßen gerade über ihren Brathähnchen, wie vor allen Spielen, als der Nürnberger ausrief: „Friedrich, es regnet!“ Walter stürzte sofort auf die Veranda und genoss das Schauspiel. „Jetzt ist alles klar, nichts kann mehr schiefgehen.“

Danach sah es zunächst nicht aus, trotz Dauerregens lag Deutschland schon nach acht Minuten mit 0:2 zurück, Puskas und Czibor hatten leichtes Spiel bei ihren Treffern. Aber die Deutschen machten sich Mut, noch ein Debakel wollten sie ihren Anhängern unter den 62.471 Zuschauern nicht zumuten. Max Morlock rief: „Das macht nix, das schaffen wir noch.“ Und der kleine Bruder munterte den großen auf. Ottmar: „Fritz, nur weiter.“ Und er erinnerte ihn an Herbergers Weisheit, dass ein Spiel 90 Minuten dauerte.

Es ging weiter – und wie. Morlock rutschte in einen verzogenen Rahn-Schuss und verkürzte auf 1:2 (10.). Und nach einer Ecke von Fritz Walter stellte Rahn den Gleichstand her (18.) – die Masse war elektrisiert, das WM-Finale wurde spannender als gedacht.

In der Halbzeit brodelte es in der deutschen Kabine: Liebrich schimpfte mit den Stürmern, Posipal mit Rahn, Turek mit Kohlmeyer. Herberger brachte sie zum Schweigen: „Jetzt ist aber Ruhe, wir können hier Weltmeister werden, und ihr kriegt euch in die Haare. Jetzt rede ich. Kämpft. Einer für alle, alle für einen. Das war und ist unser Motto. So, und nun raus auf den Platz, ihr wisst, worum es geht!“, heißt es in der Herberger-Biographie von Jürgen Leinemann. 

Als es wieder raus ging, prophezeite DFB-Arzt Dr. Logen Fritz Walter: „Machen Sie sich keinen Kummer, Fritz, wir gewinnen das Spiel 3:2.“ Er sollte Recht bekommen, weil Toni Turek, wie in der Rundfunk-Reportage von Herbert Zimmermann beschrieben, zum „Fußball-Gott“ avancierte und Helmut Rahn in der 84. Minute aus dem Hintergrund schoss. Mit dem Abpfiff von Schiedsrichter Ling war das Wunder Wirklichkeit und Deutschland erstmals Weltmeister. Es war viel mehr als nur ein sportlicher Erfolg für die Menschen im Nachkriegs-Deutschland. Neuzeitliche Historiker bezeichnen das „Wunder von Bern“ als „die eigentliche Gründung der Bundesrepublik“.

In jedem Fall darf der Triumph von Bern als erstes freudiges Gemeinschaftserlebnis für die Deutschen nach dem Krieg gelten – übrigens auch in der DDR. Das Schlagwort jener Tage hieß: „Wir sind wieder wer.“ Innenminister Gerhard Schröder sagte den Spielern: „Ihr Sieg in Bern hat uns ein echtes und reines Gemeinschaftsgefühl geschenkt; es hätte in der gegenwärtigen Zeit kaum aus einem schöneren Anlass geschehen können.“

Entsprechend war der Empfang. Überall wo der Sonderzug am Montag, den 5. Juli, durchkam, waren die Bahnsteige voller Menschen. Am 6. Juli strömten rund eine Million Münchner zusammen, als die Spieler in elf offenen Mercedes-Wagen zum Löwenbräukeller gebracht wurden. Bundespräsident Theodor Heuß verlieh den Weltmeistern am 18. Juli in Berlin den Silbernen Lorbeer – und noch 1977, Herbergers Todesjahr, sagte der bayerische Minister-Präsident Franz-Josef Strauß über den Finalsieg: „Millionen Deutschen hat er das Gefühl gegeben, im Kreis der Nationen wieder anerkannt zu sein.“ Auch das war ein Wunder.

Der Chef? Unsterblich!

Fakt ist: Keine Fußball-WM hatte in Deutschland größeren Nachhall in allen Bevölkerungsschichten, auch in kultureller Hinsicht. Noch heute wird bei Regen vom Fritz-Walter-Wetter gesprochen und auf vielen deutschen Sportplätzen wird nach Toren Herbert Zimmermanns ekstatischer Jubel nach dem 3:2 eingespielt. Seine Schilderung des Finales ist längst Kulturgut. Das „Wunder von Bern“ wurde 2003 sogar verfilmt und im 50. Jubiläumsjahr 2004 erschienen allein in Deutschland 19 Bücher rund um die WM 1954. Sepp Herberger hat das nicht mehr erlebt, aber auch er erfuhr Ehrungen und Würdigungen, allen voran das Große Verdienst-Kreuz (1967).

Kurz nachdem er als Bundestrainer 1964 abtrat, wurde sein Leben verfilmt, und zu seinem 80. Geburtstag 1977 brachte die Deutsche Post zum dritten Mal eine Sonderbriefmarke für eine Person der Gegenwart heraus. Die anderen hießen Konrad Adenauer und Willy Brandt. Ein paar Tage später starb der „Chef“. Unsterblich ist er dennoch.

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