Christian Prokop: „Pöter und Roschek DHfK Leipzig-Spieler der Saison aus breiter Palette an Topspielern“

Christian Prokop: „Pöter und Roschek DHfK Leipzig-Spieler der Saison aus breiter Palette an Topspielern“ - Foto: Karsten Mann
Christian Prokop: „Pöter und Roschek DHfK Leipzig-Spieler der Saison aus breiter Palette an Topspielern“ – Foto: Karsten Mann

Im zweiten Teil des Interviews von SPORT4FINAL-Redakteur Frank Zepp mit dem „Bundesliga-Trainer der Saison“ Christian Prokop vom Aufsteiger SC DHfK Leipzig werden die Themenkomplexe „DHfK-Spieler der Saison“, „Fehleinkauf“, Belastungsproblematik, 16 statt 14 Spieler, Torverhältnis, neue Handball-Regeln sowie die Neuverpflichtungen des Sportvereins aus der Handball-Hochburg Leipzig angesprochen.

Teil 1: Christian Prokop im SPORT4FINAL-Interview: „Aus DHfK Leipzig Topmannschaft machen“

Teil 2: Die „DHfK-Spieler der Saison“ und „Handball-Knackpunkte“

03.06.2016 – SPORT4FINAL / Frank Zepp:Christian Prokop

Herr Prokop, Sie sind der „Bundesliga-Trainer der Saison“ geworden. Wer ist oder wer sind Ihre „DHfK-Spieler der Saison“?

Christian Prokop: „Das ist das Schöne, das man da lange überlegen muss. Es ist auch ein Zeichen dafür, dass wir lange unberechenbar gespielt haben und das immer wieder Leute über sich hinaus gewachsen sind. Trotzdem muss man zwei Spieler insbesondere erwähnen. Zum einen Philipp Pöter, der mit seinem Charakter, seiner Einstellung und mit seiner handballerischen Entwicklung mit 30 Jahren in der ersten Liga einen Sprung nachgewiesen hat. Über Schnelligkeit, über Tipper zum Kreis und über das Führen der Mannschaft muss man ihn heraus heben, weil er für die ersten Erfolge entscheidender Faktor war. Für die Konstanz bei uns ist einzig und allein Basti Roschek zu erwähnen. Was intelligentes Abwehrspiel angeht, was den Zusammenhalt in der Deckung betrifft und was professionelles Umsetzen angeht. Das sind zwei Spieler, die nochmal vor einer unglaublich breiten Palette an Topspielern hervor stechen.“

Christian Prokop: „Pöter und Roschek DHfK Leipzig-Spieler der Saison aus breiter Palette an Topspielern“ - Foto: Rainer Justen
Christian Prokop: „Pöter und Roschek DHfK Leipzig-Spieler der Saison aus breiter Palette an Topspielern“ – Foto: Rainer Justen

Philipp Weber nannten Sie nicht, der aber eine super Rückrunde gespielt hat. Tut Ihnen sein Weggang nun doch weh?

Christian Prokop: „Natürlich tut der Weggang weh, wenn ich den Philipp jetzt sehe und ihn die drei Jahre, die ich ihn schon trainiere, so gesehen hätte. Aber so war es leider nicht. Wir waren mit Einstellung und anderen Dingen nicht hundert Prozent zufrieden. Er hat in meinen Augen nie das Maximum aus sich herausgeholt, um weiter zu kommen. Zu dem Zeitpunkt, als die Entscheidung anstand. Nach der Entscheidung, die für ihn auch sehr hart war, hat ein Umdenkungsprozess bei ihm im Kopf stattgefunden und er hat sich vom ersten Tag danach im Training und im Spiel als Leader und als Spieler, der sich entwickeln will, präsentiert. Das ist ein toller Charakterzug und ich denke, dass es für seine persönliche Zukunft die richtige Entscheidung war.“

Wer hat von den Neuverpflichtungen für diese Saison nicht gestochen? Kann man vielleicht auch im Einzelfall von „Fehleinkauf“ sprechen?

Christian Prokop: „Natürlich sind wir mit Sergey Zhediks Leistung nicht zufrieden. Ich hatte ein langes Videostudium vorher betrieben und er ist ein Spieler, der alle Möglichkeiten besitzt. Er kann gut werfen, gut mit dem Kreisläufer spielen, uns im Innenblock helfen und hat ein gutes Entscheidungsverhalten. Also ein Komplett-Handballer, wo ich sehr froh war, dass wir neben Aivis Jurdzs einen weiteren körperlichen Spieler dazu bekommen haben. Leider ist es nicht aufgegangen. Sergey hat sich sehr zurückhaltend, sehr still manchmal im Abseits präsentiert und das für eine Mannschaft, die sehr mit Emotionen spielt. Ihn immer wieder mitzunehmen war schon eine hohe Aufgabe – das haben wir zusammen nicht geschafft. Er hat zum Saisonende seine Klasse punktuell aufblitzen lassen, aber für unsere Ziele und die Ausgeglichenheit in dieser stärksten Liga ist es aktuell zu wenig.“

Mit den anderen neuen Spielern waren Sie insgesamt zufrieden?

Christian Prokop: „Ja, kann man sagen. Peter Strosack erweist sich als ‚Eins-zu-eins-Ersatz‘ von Lucas Krzikalla. Milos Putera war Erfolgsgarant für das erste halbe Jahr. Jens Vortmann erweist sich als eine Top-Bereicherung. Benni Herth war als Verpflichtung immens wichtig, weil Philipp Pöter sich zum Jahresende verletzte und wir auch Ersatz brauchten. Trotzdem waren ein Max Janke und ein Philipp Weber noch stärker, so dass er oft Nummer drei war und deswegen auch wenig Spielanteile bekam.“

Belastungsgrenze, Verletzungen, 16 Spieler, Torverhältnis

In der Bundesliga werden bei den Topvereinen, die auch international spielen, die Fragen der Belastungsgrenze und Verletzungen stark diskutiert. Beim SC DHfK gab es in dieser Spielzeit viele Verletzungssorgen. Sind Ihre Spieler im ‚normalen Liga- und Pokalalltag‘ auch an der Belastungsgrenze angekommen?

Christian Prokop: „Nein. Wir können das natürlich stemmen, weil wir die Chance für klassische Vorbereitungsphasen haben. Das betrifft den Sommer und die Wintervorbereitung, wo wir wirklich Grundlagen legen und wovon wir zehren können. Wir haben auch meistens Wochen-Rhythmen, wo man sich normal vorbereiten kann. Trotzdem merkt man vom Kopf her, dass die Saison sehr lang ist, weil der Spielplan durch internationale Verzerrungen zerrüttet ist. Wir waren schon sehr zeitig mit dem Klassenerhalt durch. Trotzdem bestand aber die Aufgabe, die Spannung immer wieder hoch zu fahren und weiter vor allem für unser Publikum erfolgreich zu spielen.“

Befürworten Sie auf dem Spielberichtsbogen 16 gegenüber den bislang möglichen 14 Spielern?

Christian Prokop: „Ich sehe das nicht als Lösung an. Ich denke, dass die Regel ‚Torverhältnis‘ die entscheidende ist. Dass das Torverhältnis nicht mehr über die Meisterschaft entscheiden darf, um am Ende der Saison eine Hetze zu vermeiden. Wenn diese Torverhältnis-Regel so wie jetzt bleiben würde, dann kann ich auch 16 Spieler drauf schreiben. Trotzdem würden Mannschaften wie der THW Kiel oder Flensburg-Handewitt, die um jedes Tor im Fernduell kämpfen, nicht ihren 15. und 16. Mann bringen. Ist das aber abgeschafft, dann ist eine Situation da, wo nur der Sieg zählt und dann kann man bei einer hohen Führung auch mal Kräfte verteilen. Die Hauptsache ist, dass das Torverhältnis bezüglich des Meisterschaftskampfes abgeschafft wird. Ich habe Angst bei der 16er-Regel, dass tolle Spieler, die bei Mannschaften im unteren Feld der Liga Stammspieler sind und zu Persönlichkeiten reifen müssen wie bei uns im Verein, dass diese Spieler dann sehr interessant für Platz 15 und 16 bei international spielenden Bundesliga-Clubs sind. Dies schadet zudem der Entwicklung der Spieler und die Schere in der Bundesliga würde weiter auseinander gehen.“

Wird sich mit den Neuverpflichtungen für die neue Saison an der Spielweise des SC DHfK Leipzig etwas grundlegend ändern?

Christian Prokop: „Das denke ich schon. Erstens ist es eine große Herausforderung, dass wir es wieder schaffen, eine Einheit zu formen und eine Einheit auf das Parkett zu bringen, gerade auch in Stress-Situationen. Dafür haben wir die richtigen Charaktere ausgesucht. Ich freue mich auf diese neue Aufgabe. Aber es ist eine umfangreiche Aufgabe, weil, wie Sie schon sagen, es sich einiges ändert. Ein Philipp Pöter oder Philipp Weber waren Spieler, die vor allem mit dem Kreisläufer sehr gute Quadratmeter-Pässe gespielt haben. Niclas Pieczkowski, Max Janke und Tobias Rivesjö sind vor allem sehr gut im Shooter-Verhalten. So muss man schon gucken, wie es zusammen passt, wie wir unsere Kreisachse auch weiter stärken können und wie gesagt, in Stress-Situationen Lösungen finden. Dafür fangen wir zeitig am 14. Juli mit der Vorbereitung an, so dass wir 8 Wochen zur Verfügung haben, uns zu finden.“

Sie waren „notgedrungen“ ein beidhändig werfender Spieler. Gibt es unter den derzeitigen oder neuen Spielern auch einen solchen Akteur?

Christian Prokop: „Einmal kann es Max Janke wirklich sehr gut. Er ist nur immer so schüchtern, dass er dies nicht raus kehrt. Aber er ist ein Spieler, der zu beiden Seiten gehen und auch mit der linken Hand werfen kann. Inwieweit das bei den Neuzugängen der Fall ist, muss ich mich zurück halten, weil ich sie so genau dann doch noch nicht kenne und in der Alltagsanalyse natürlich ihre Stärken nur heraus kommen. Und das ist ja nicht der andere Wurfarm.“

Neue Handball-Regeln

Welche der künftigen neuen Regeln gefallen Ihnen und welche nicht?

Christian Prokop: „Es wird eine Herausforderung mit dem siebenten Feldspieler ohne Leibchen werden. Wir hatten schon Spiele dabei, wo wir das mit Leibchen phasenweise richtig erfolgreich aber auch phasenweise richtig dämlich gespielt und zu viele leichte Tore dem Gegner ermöglicht hatten. Dann war eine psychische Stärke in der Mannschaft gefragt. Es gibt uns als Trainer aber deutlich mehr taktische Variabilität. Gerade gegen offensive Abwehrreihen einen zusätzlichen Mann zu bringen ist eine Sache, wo wir ein offensiveres System besser als ein defensiveres bespielen werden.“

Was gefällt Ihnen nicht?

Christian Prokop: „Man muss abwarten, wie das bspw. in der Praxis vom Kampfrichtertisch mit dem ganzen Stress umgesetzt werden kann. Sprich Foulspiel und der Gegenspieler bekommt keine progressive Strafe, ich muss aber verletzungsbedingt behandelt werden und darf drei Angriffe nicht auf das Parkett. Das sind schon taktische Eingriffe, wo die Spieler auch gut mitdenken müssen. Springe ich gleich wieder auf oder brauche ich die Behandlung. Das sind schon Lernprozesse, die auch in der Vorbereitung ausgetestet werden müssen. Die Zeitspielregel haben wir im Training schon so drin. Wir haben nach der Anzeige des Armes maximal fünf Pässe. Jetzt sind es sechs Pässe. Das ist für uns keine große Umstellung. Denn diese sechs Pässe sind ja das Maximum, man muss sie aber mit Druck spielen.“

Haben Sie eine Wunschregel, die Sie gern umgesetzt hätten?  

Christian Prokop: „Grundsätzlich vertrete ich die Auffassung, dass man nicht so viel herum doktern sollte und mir unsere Sportart super gefällt. Trotzdem merkt man aber bspw. bei Final4-Turnieren oder  bei Titel- sowie Abstiegskampf-Entscheidungen, dass die Schiedsrichter eine immens hohe Verantwortung haben. Sie haben einen total schweren Job, weil durch das Reglement viele Grauzonen in dieser Sportart existieren. Es wäre schön, dieses klarer zu machen, aber das ist aktuell nicht möglich. Ob man Stürmerfoul oder Freiwurf pfeifen kann, ob man dreieinhalb oder drei Schritte zulässt, das sind viele Grauzonen, die oft Spiele entscheiden. Aber natürlich jetzt nicht durch eine Regel abzuschaffen sind. Damit müssen wir einfach leben.“

Christian Prokop (SC DHfK Leipzig) bei SPORT4FINAL: „Ziel Klassenerhalt und Leipzigs phänomenaler Sport“

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