Thüringer HC mit triumphalem Sieg in die Champions-League-Hauptrunde

17.11.2013 – SPORT4Final:

SPORT4Final-Redakteur Frank Zepp berichtet live aus der Wiedigsburghalle in Nordhausen vom „Gruppenfinale“ in der Champions League zwischen dem Thüringer HC und Hypo Niederösterreich.

Champions League – Gruppe A: 

Thüringer HC vs. Hypo Niederösterreich 34:25 (17:11) – der Spielbericht.

Kerstin Wohlbold: „Mit unserer Einstellung, dem unbedingten Siegeswillen, war der Erfolg auf unserer Seite.“

Heine Jensen: „Hypo ist nicht zum eigenen Spiel gekommen, weil der Thüringer HC sehr effektiv verteidigt hat.“

Ferenc Kovacs: „Hier zu gewinnen gegen diese Thüringer ist schwer. Und die Thüringer Mannschaft ist noch besser als letztes Jahr.“

Herbert Müller: „Wenn wir so spielen wie heute, dann können wir jeden Gegner zu Hause packen. Ich bin einfach nur restlos stolz auf meine Mannschaft.“

Thüringer HC vs. Hypo Niederösterreich 34:25 am 17.11.2013 - Foto: SPORT4Final
Thüringer HC vs. Hypo Niederösterreich 34:25 am 17.11.2013 – Foto: SPORT4Final

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Es war einer dieser legendären, lange noch erinnerungswürdigen Handballtage – ein Handballfest eben. Aber auch für Handballästheten ein Spiel auf hohem spieltaktischen Level. Ein triumphaler Sieg gegen den achtfachen Champions-League-Sieger Hypo Niederösterreich. Eine Demonstration der Stärke auf internationalem Niveau einer deutschen Mannschaft über 60 Minuten, die lange nicht in dieser Qualität, Ausnahme erste Halbzeit des THC in Győr, zu sehen war.

Der deutsche Meister Thüringer HC feierte mit einem auch in dieser Höhe verdienten 34:25-Erfolg erstmals in seiner Vereinsgeschichte den Einzug in die Hauptrunde der Champions League. Mit diesem Sieg gehört man zum elitären Kreis der acht besten Mannschaften Europas. Glückwunsch.

Auch unbedingt erwähnenswert: Der EHF-Delegierte Bjarne Jensen aus Dänemark, vor ca. 10 bis 15 Jahren einer der allerbesten Schiedsrichter auf der Welt, zeigte im Zusammenspiel mit den ausgezeichnet leitenden schwedischen Schiedsrichterinnen eine sehr gute  Leistung.

Lassen wir in den Interviews von SPORT4Final-Redakteur Frank Zepp die Protagonisten Franziska Mietzner, Iveta Luzumova, Sonja Frey, Katrin Engel, Kerstin Wohlbold und Bundestrainer Heine Jensen zu Wort kommen.

Ausführliche Interviews wurden mit Ferenc Kovacs (Co-Trainer Hypo Niederösterreich) und Herbert Müller (Cheftrainer Thüringer HC) geführt.

SPORT4Final-Interviews:

Franziska Mietzner: „Wir haben von Anfang an dem Spiel den Stempel aufgesetzt. Hypo fand gegen uns nicht die Mittel. Wir haben einfach konsequent mit Ruhe gespielt. Es war eine Supermannschaftsleistung. Wir haben individuell so gute Spielerinnen, dass wir gegen eine offensive Mannschaft das lösen können. Es hat uns nicht nervös gemacht und wir haben trotzdem unseren Stiefel herunter gespielt.“ 

Iveta Luzumova: „Wir sind sehr zufrieden. Wir haben gewusst, dass wir es schaffen können. Hypo war heute schlecht im Angriff und wir gut in der Abwehr und Maike war im Tor prächtig.“

Sonja Frey: „Ich habe auch zu viel liegen gelassen. Im Angriff haben wir eine super Leistung abgerufen über rechts und links, über die Mitte, egal wie. Wir haben viele Tore gemacht und deshalb tat es heute nicht so weh, dass ich speziell von 6 Metern frei vorm Tor habe liegen gelassen. Das zeichnete uns heute aus: Wenn ich vorne nicht traf, haben wir das hinten wieder ausgebügelt und die Nächste hat das Ding gemacht. Es war heute eine super Mannschaftsleistung über 60 Minuten. Kampfgeist und Wille – reine Willenskraft.“

Katrin Engel: „Wir wollten heute einfach mehr. Wir hatten die bessere Antwort in der Abwehr. Was wir in Österreich falsch gemacht haben, haben wir heute richtig gemacht: Wir haben das Tor getroffen. Das war heute ganz wichtig. Ich dachte in der zweiten Halbzeit, als sie nochmal auf fünf Tore ran kamen, dass es kippen könnte. Uns ist dann aber wieder eine Lösung eingefallen und auf die haben wir dann aufgebaut. Dann haben wir wieder unsere zwei, drei Tore gemacht und dann waren wir wieder vorne und das war gut so.“

Kerstin Wohlbold: „Die besten Acht erreicht zu haben, ist natürlich grandios. Das wir das geschafft haben in so einer starken Gruppe. Unsere Mannschaft hat heute gefightet bis zum Ende. Das Publikum stand hinter uns. Es war sensationell. Mit unserer Einstellung, dem unbedingten Siegeswillen, war der Erfolg auf unserer Seite. Wenn man den unbedingten Siegeswillen und den Glauben an sich selbst hat, an die eigene Stärke und die Stärke der Mannschaft hat, dann kommt das von selbst, dass man so ein Spiel auf die Platte legt. Es ist trotzdem von der Abwehr ausgegangen. Wir konnten schnell spielen und haben schnelle Tore erzielt. Das zermürbt dann eine Mannschaft, wenn sie zwei Minuten im Angriff spielt, um vielleicht ein Tor zu schießen, bekommt aber dann nach 10 Sekunden wieder ein Tor. Wir wussten, dass Hypo vor unserem schnellen Spiel Angst hat. Und deswegen haben wir gesagt, dann spielen wir eben noch schneller. Herbert hat uns darauf eingestellt, dass immer eine Mannschaft etwas probieren wird. Entweder die eine Mannschaft im Hintertreffen oder eine Mannschaft führt hoch, dann muss die andere wieder was machen. Und so haben wir uns die letzten zwei Tage taktisch darauf eingestellt. Wir haben im Training auch eine offensive Abwehr und Manndeckung geübt. Wir waren auf alles eingestellt.“  

Heine Jensen: „Hypo ist nicht zum eigenen Spiel gekommen, weil der Thüringer HC sehr effektiv verteidigt hat. Und auch geschafft, dass Hypo nicht in das Konterspiel gekommen ist. Man ist selber ins Konterspiel gekommen. Als Hypo offensiv rausgegangen ist, hatte man immer eine Antwort. Auch durch starke 1:1-Aktionen. Auch hat man den Ball schön weiter gespielt zu freien Chancen. Und heute hat man auch geschafft, die Torfrau nicht besser zu machen, was sie ist. Heute hat man gegen sie gut geworfen und dadurch voll verdient gewonnen. Ich freue mich sehr für den Thüringer HC und für die Spielerinnen und für den deutschen Handball. Jetzt können wir auch Champions League im nächsten Jahr gucken und das wird toll.“

Interview mit Ferenc Kovacs (Co-Trainer Hypo Niederösterreich):

Wieso ist es schon in der ersten Halbzeit zu diesem großen Rückstand gekommen?

„Der Thüringer HC hat eine sehr gute Mannschaft. Auf jeder Position doppelt besetzt mit Nationalspielerinnen aus vielen Nationen. Eine sehr gute Mannschaft mit einem sehr guten Trainer. Sie haben schon letztes Jahr sehr gut gespielt. Und jetzt ist noch Barbosa dazu gekommen. Und eine sehr starke Werferin mit Mietzner. Und es ist gut, wenn du noch Krause im Tor hast. Gibt dir Sicherheit. Ich denke in der ersten Halbzeit war unser Problem die Torfrauleistung. Hält sie ein paar Bälle mehr, dann ist mehr Unsicherheit beim Gegner drin. Dann könnte die Halbzeit nur mit ein, zwei Toren ausgehen. Und dann wäre alles möglich gewesen. Mit sechs Toren Rückstand musst du Risiko machen und das haben sie gut ausgenutzt.“

Sie waren in der zweiten Halbzeit wieder beim 26:21 auf fünf Tore dran. Warum haben Sie dann so offensiv gespielt? Dies ist den Thüringerinnen entgegen gekommen.

„Da musst du den Trainer fragen. Ich glaube, er wollte den Gegner überraschen. Dass sie nicht darauf vorbereitet sind, glaube ich. Wir haben darüber noch nicht diskutiert. Auf jeden Fall haben wir in dieser Phase auch ein paar Bälle gewonnen, aber vorne haben wir nichts mehr getroffen. Die Thüringer Deckung hat sehr gut im ganzen Match gestanden. Und die Torfrau hat sehr gut gehalten. Sie waren heute besser.“

Haben Sie vielleicht in der letzten Woche diesen einen wichtigen Punkt gegen Győr verloren?

„Nicht vielleicht, sicher. Wir haben die Fehler letzte Woche und in Baia Mare gemacht. In Baia Mare haben wir schon mit fünf Toren geführt und dann dort mit einem Tor verloren. Letzte Woche gegen Győr, als bei denen zwei wichtige Spielerinnen fehlten, mussten wir gewinnen. Ich glaube, die Mannschaft hat nicht dran geglaubt, dass wir gegen Győr gewinnen können. Mindestens ein Unentschieden war drin und das wäre jetzt genug. Hier zu gewinnen gegen diese Thüringer ist schwer. Das wussten wir. Und die Thüringer Mannschaft ist noch besser als letztes Jahr.“

Als Gruppendritter sind Sie enttäuscht. Sie können aber jetzt den „Cup Winners Cup“ verteidigen?

„Ja, wir können ihn jetzt verteidigen. Aber wenn Du gewinnst den „Cup der Cupwinner“, dann bist du Neunter in Europa. Und die Champions League ist eben die Champions League. Natürlich versuchen wir jetzt den Cup zu verteidigen. Das ist auch sportlich schön. Und eine Sportgeschichte. Auch Chelsea hat im Fußball letztes Jahr gewonnen. Aber trotzdem hätten wir auch gern Champions League weiter gespielt. Das sind bessere Mannschaften, mehr Zuschauer kommen, bessere Spiele – keine Frage.“

Ich bin aus Leipzig. Der HC Leipzig wäre jetzt froh, im „Cup Winners Cup“ spielen zu können.

„Ja, sie haben ein riesen Pech mit den Verletzungen gehabt. Mit den Verletzungen der drei Kreisläuferinnen, ist glaube ich, in der Sportgeschichte noch nicht passiert im Handball. Sie waren sehr gut vor den Verletzungen. Normal hätten sie eine realistische Chance auf den zweiten Platz. Das ist Pech. Aber ich glaube, die Leute arbeiten gut und das wird kommen. Sie müssen mal schauen, dass alle wieder gesund werden, um dann deutscher Meister zu werden.“  

Interview mit Herbert Müller (Cheftrainer Thüringer HC):

Herzlichen Glückwunsch zu einem grandiosen Sieg und für den größten Erfolg des Thüringer HC in seiner Vereinsgeschichte.

„Ganz ehrlich: Ich schätze die deutschen Meisterschaften sogar noch höher ein. Für mich ist das das Wichtigste überhaupt, diese drei deutschen Meisterschaften hintereinander – das ist ein Wahnsinn. Das ist eben das „tägliche Brot“, damit man sich solche Highlights hier auf internationaler Ebene erlauben kann. Und darum ist die Bundesliga ganz entscheidend und wichtig. Aber, es ist eine internationale Entwicklung da, und das freut mich einfach und das will ich sehen und weiter vorantreiben.“

Die Bundesliga in allen Ehren und die Spiele gegen den HC Leipzig, klar. Aber ein Sprung nach oben geht nicht ohne die internationalen Spiele.

„Definitiv. Das wollten wir auch. Dafür war es für uns so wichtig, international dabei zu bleiben. Aber auch im „Cup der Cupsieger“ sind die deutschen Mannschaften wunderbar aufgehoben. Da hat man sogar eine Chance zu gewinnen. Wenn wir realistisch und ehrlich sind: Man kann die Champions League nicht gewinnen als deutsche Mannschaft. Aber man will sich mit den Besten messen und darum war unser Ziel heute, unter den besten Acht zu bleiben. Die Namen, die jetzt kommen, die klingen gut, die machen Spaß und die werden allen Freude machen und wir nehmen das gerne an.“

Es sind aber auch einige Mannschaften schlagbar?

„Wenn wir so spielen wie heute, dann können wir jeden Gegner zu Hause packen. Das ist gar keine Frage. Das war heute auf allerhöchstem Niveau. So müssen wir uns stabilisieren. So müssen wir weiter machen. So müssen wir arbeiten. Ich bin heute einfach nur restlos stolz auf meine Mannschaft. Das, was sie heute gebracht hat, war von allen Belangen her, der mentalen Stärke, von der umgesetzten Taktik auf dem Feld aber auch von der Physis sensationell.“

Es war eine taktische Meisterleistung Ihrer Mannschaft. Sie hatten immer bessere Antworten parat.

„Ja, wir haben uns in den letzten Tagen drei, vier Sachen erarbeitet, die wir unbedingt umsetzen wollten. Und in all diesen Sachen hat Kerstin Wohlbold eine ganz zentrale Rolle gespielt. Egal, ob Abwehr oder Angriff. Sie sollte als Mannschaftskapitän vorne weg marschieren. Und alle anderen sind aber auf dem gleichen Level gefolgt. Es war wirklich schön zu sehen, dass man auch flexibel reagieren kann. Ob 6:0, 4:0+2, 5:1, alles was ich probiert habe und auch auf der anderen Seite wurde viel versucht. Es war auch heute schon viel taktisches Geplänkel.“

Dieses 4:0+2 oder 3:3 von Hypo in der Abwehr ist Ihnen eher entgegengekommen?

„Ja. Das war natürlich etwas und wir haben noch mal Iveta von der Bank gebracht. Dann musst du die schnellen und quirligen Spielerinnen bringen und den Kreis auflösen. Ich habe mir dann keine Sorgen mehr gemacht. Als wir Hype so weit hatten, dass sie ein 4:0+2 spielten, war mir klar, dass unsere Leute im Positionsangriff das im 4 gegen 4 lösen.“

Der EHF-Delegierte hat Sie zweimal in ruhiger Art und Weise ermahnt und dann mit einer gelben Karte bestrafen lassen.

„Das spielt auch gar keine Rolle. Es war ein perfektes Miteinander. Ich denke, so muss die Kommunikation auch sein. Das gehört alles dazu. Ich kann diese Emotionen nicht abstellen, sonst müsste ich aufhören, Trainer zu sein.“

Ich habe heute hier eine sehr gute Schiedsrichterleistung gesehen.

„Sehe ich genauso. Die Entwicklung der beiden Mädels ist sensationell. Es tut gut zu sehen, dass da junge Schiedsrichter nachkommen, die nicht nur frischen Wind sondern auch das Niveau bringen, dass wir gerne sehen.“

Herr Jensen hatte beide schon in der Pause gelobt.

„Ich kann mich da nur anschließen. Es war auf dem Feld ein Spiel auf ganz hohem Niveau und eine Schiedsrichterleistung, die sich dem Niveau des Spiels angepasst hat.“

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