Thüringer HC verliert nach Lehrstunde mit 25:33 gegen Györi Audi ETO KC

20.10.2013 – SPORT4Final: 

SPORT4Final-Redakteur Frank Zepp sprach mit:

Katrine Lunde Haraldsen: Wir spielten sehr schnell und unsere Chancen auch sehr gut heraus.

Anja Althaus: Was Dynamik heißt, was Zusammenspiel heißt, da haben wir heute ein Paradebeispiel gesehen.

Györ-Trainer Martin Ambros: Wir haben ein sehr gutes Spiel gezeigt und eine ganz gute Taktik entwickelt … Es ist wichtig, nicht zufrieden zu sein … Wir müssen immer in der Lage sein, die Würfe zu wechseln, um effektiv zu sein.

Kerstin Wohlbold: Wir haben gezeigt, dass wir weiter kämpfen, egal wie es steht.

THC-Trainer Herbert Müller: Wir haben keinen Zugriff in der Deckung bekommen … Wir spielen momentan zu wenig flüssig, auch im Angriff als komplexes System gesehen … Mindestens ein Punkt in Baia Mare und dann zu Hause das Endspiel gegen Hypo, dass wäre natürlich super.

Nadja Nadgornaja: Győr war definitiv eine Klasse stärker.

 
Champions League: Gruppe A 

Thüringer HC vs. Györi Audi ETO KC  25:33  (12:20)

SPORT4Final-Redakteur Frank Zepp berichtet aus der Wiedigsburghalle in Nordhausen.

Im dritten Vorrundenspiel der Gruppe A der Champions League verlor der deutsche Meister Thüringer HC gegen den Titelverteidiger Györi Audi ETO KC vor 2.000 Zuschauern mit 25:33 Toren. Über 45 Minuten erteilte die europäische „Übermannschaft“ den Gastgebern eine Lehrstunde. Der Thüringer HC konnte aber auch nicht seine optimale Leistung abrufen und zeigte vor allem im Deckungsverbund, in der Chancenverwertung sowie bei der Vielzahl technischer Fehler eine unbefriedigende Leistung. Mit großem kämpferischen Einsatz sowie einer Leistungssteigerung in der Schlussviertelstunde, als Győr mit der „zweiten Sieben“ agierte, wurde der 17-Tore-Rückstand auf acht Tore reduziert.

Györi Audi ETO KC - Foto: SPORT4Final
Györi Audi ETO KC – Foto: SPORT4Final

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In der Gruppenkonstellation hat diese schmerzliche aber lehrreiche Niederlage kaum Auswirkungen. Solange Topfavorit Györi Audi ETO KC nicht überraschenderweise patzt, hat der Thüringer HC weiterhin alle Chancen auf den zweiten Platz mit Hauptrundenberechtigung. Und das Positive ist dabei, dass der deutsche Meister aus eigener Kraft die Runde der letzten Acht in Europa erreichen kann. Im „Finale um den zweiten Platz“ am 17. November gegen Hypo Niederösterreich in Nordhausen.

Thüringer HC vs. Györi Audi ETO KC 25:33 - Foto: SPORT4Final
Thüringer HC vs. Györi Audi ETO KC 25:33
Foto: SPORT4Final

Spielverlauf:

0:4 (5.), 5:8 (10.), 5:12 (15.), 7:16 (19.), 10:17 (24.), 12:20 (Halbzeit)

12:25 (37.), 13:29 (45.), 14:31 (47.), 19:31 (52.), 23:32 (57.), 25:33 (Endstand)

Tabelle nach 3 Spielen:

1.Györi Audi ETO KC             6          + 39 

2.Thüringer HC                       2          –    7

3.Hypo Niederösterreich   2          –  14

4.HCM Baia Mare                   2          –  18 

 

Vor den SPORT4Final-Interviews mit beiden Cheftrainern sowie einigen Spielerinnen ein paar spielanalytische Gedanken:

Es war ein besonderes Sporterlebnis und ein Handball-Highlight bester Qualität. Sportlich wie emotional. Vom Spielverständnis, Tempo, den Wurftechniken, einem „Kempa“ des Thüringer HC durch Luzumova in der Schlussminute. Frey und Gros mit jeweils 6 Toren auf Thüringer Seite sowie die überragenden Görbicz mit 11/7 und Bulatovic (7) sowie Amorim (4) im Rückraum der Gäste waren die erfolgreichsten Schützinnen. Auch für Nadgornaja war dieser Győr-Angriff das „Prunkstück in der Mannschaft“.

Die Vorentscheidung im Spiel war nach 19 Minuten und einem 7:16-Zwischenstand gefallen. Die „Lehrstunde“ der Gäste dauerte bis zum 14:31 in der 47. Minute. Und in den verbleibenden Minuten kam der deutsche Meister über den Kampf ins bessere Spiel gegen die zweite Besetzung des ungarischen Meisters.

Der Thüringer HC war ohne Kompaktheit und Zugriff im Deckungsverhalten ohne Chance. Auch im Angriff lief lange nichts zusammen. In 45 Minuten hielten die Torhüterinnen Krause und März einen Ball. Ob 6:0- oder 3:3-Abwehrsystem, der Rückraum der Gäste spielte, warf mit besonderer Präzision und wurftechnischer Qualität und dominierte eindrucksvoll das Geschehen auf der Platte. Schlag- und Hüftwürfe von Görbicz, Sprungwürfe von Bulatovic und Amorim sowie ein Rückhandtor vom Kreis mit dem Rücken zum Tor durch Sirian sorgten für spielerische Leckerbissen. Und da war ja auch noch Lunde Haraldsen im Tor mit 10 Paraden (darunter zwei Siebenmeter) sowie Löke am Kreis, die viele Siebenmeter herausholte. Aber auch der „Branchenführer“ spielte nicht fehlerfrei und hatte seinerseits sieben Fehlwürfe und auch elf technische Fehler.

Aber der Thüringer HC hat in dieser Saison auch im Offensivverhalten sichtbare Probleme. Dabei gingen 14 freie Bälle nicht ins Tor. Auch 12 technische Fehler ließen keinen Spielrhythmus aufkommen. Auf der Spielmacherposition fehlen mitunter die Impulse und das Herausarbeiten der besten Wurfposition. Durch das unterirdische Abwehrverhalten kam man auch nicht richtig in den Tempogegenstoß. Erst als der spanische Trainer in Diensten des Champions-League-Siegers, Ambros, die „zweite Reihe“ aufbot, konnte der Thüringer HC bei eigener Leistungssteigerung und guter Moral das Ergebnis in einen erträglichen Rahmen bringen. Besonders auffällig hierbei Ana Gros auf der halbrechten Rückraumposition.

SPORT4Final-Interviews mit:

Katrine Lunde Haraldsen (Torhüterin Györi Audi ETO KC):

Ursachen des Erfolges?

„Heute waren wir einfach besser. Wir spielten sehr schnell und unsere Chancen auch sehr gut heraus. Jederzeit suchten wir die gute Wurfposition im Angriff. Wir hatten sehr gute Werfer aus dem Rückraum. Unsere Abwehr war sehr schwer zu überwinden. Wir sprachen sehr viel miteinander.“

Ihre eigene Leistung?

„Es war eine gute Leistung. Ich habe einige gute Bälle halten können.“

Rückraum dominierte das Spiel?

„Ja. Sie machten ein gutes Spiel. Sie konnten aus allen Positionen Tore erzielen. Und dann ist es sehr schwer für die Abwehr. Wenn wir erst in Führung liegen und gut spielen, ist es schwierig für die Teams, das Resultat noch zu korrigieren.“  

Anja Althaus (Thüringer HC):

Abwehrprobleme?

„Definitiv. Sie kommen mit einem Tempo, da war es schwierig, die 1-gegen-1– Situationen zu lösen. Man sieht, woran man arbeiten muss. Was Dynamik heißt, was Zusammenspiel heißt, da haben wir heute ein Paradebeispiel gesehen. Sie sind Topfavorit auf den Champions-League-Sieg. Ich denke, wir haben uns gut verkauft. Trotz der Schwächeperiode. Aber auch mit starken Sachen. Wir können zufrieden damit sein. Wir müssen aber weiter arbeiten.“

Martin Ambros (Trainer Györi Audi ETO KC):

Gründe des Erfolgs?

“Wir haben heute ein sehr gutes Spiel gezeigt. Wir mussten sehr stark von der ersten Sekunde spielen. Da wir wussten, dass das Thüringer Spiel sehr schnell ist, haben wir eine ganz gute Taktik entwickelt. Und dies in der ersten Halbzeit gezeigt und umgesetzt.“

Spiel durch Rückraum gewonnen?

„Ja. Aber wir müssen alles können und trainieren. Wenn die Rückraumspieler keinen guten Tag haben, muss unsere 6:0-Abwehr gut stehen. Wir haben auch die Möglichkeiten im Spiel über den Kreis oder den Gegenstoß. Wir haben im Training alle Situationen probiert, falls wir Probleme im Angriff bekommen sollten.“

Torhüterin besonders gut?

„Ja, ohne Frage.“

Verbesserungsmöglichkeiten im Spiel?

„Jeden Tag müssen wir lernen, alles besser zu machen. Wir können jede Situation noch besser gestalten. Es ist wichtig: Heute haben wir ein Ziel, etwas besser zu machen. Morgen wollen wir besser spielen. Und übermorgen möglichst noch besser zu sein. Es ist wichtig, nicht zufrieden zu sein. Wir müssen immer, immer mehr geben.“

Wurftechnik seiner Spielerinnen?

„Ja, wir haben gute Werferinnen mit mehreren Varianten. Wir müssen immer in der Lage sein, die Würfe zu wechseln, um effektiv zu sein. Oder wenn Bulatovic oder Amorim nicht so gut spielen, dann müssen wir über andere Positionen das Spiel gewinnen.“

Gruppenfavorit?

„Mit 6 Punkten und noch zwei Heimspielen sollten wir ein gutes Finish haben. Aber wir dürfen die Spiele nicht so relax angehen und denken, wir haben es schon geschafft. Dann könnte es auch noch Überraschungen geben. Wir haben noch viel Arbeit vor uns und werden dafür auch sehr hart im Training arbeiten. Um noch besser zu werden.“   

Beide Cheftrainer am SPORT4Final-Mikro - Foto: SPORT4Final
Beide Cheftrainer am SPORT4Final-Mikro – Foto: SPORT4Final

Kerstin Wohlbold (Kapitän Thüringer HC):

Ursachen der Niederlage?

„Wir hätten unsere Abwehr defensiv stabiler halten müssen, aber das ist gegen solch eine Mannschaft schwer. Wir wussten, wenn wir keinen „Übertag“, keinen „Sahnetag“ haben, dann können wir hier nicht mithalten. Wir haben vorn Pech gehabt mit Pfostentreffern und schlechten Würfen. Am Anfang stand es gleich 0:4, und dann ist es gegen diese Mannschaft schwer, noch ins Rollen zu kommen. Am Ende haben wir noch Gas geben und das Ergebnis nicht zweistellig bekommen. Wir haben gezeigt, dass wir weiter kämpfen, egal wie es steht. Durch die Unterstützung der Fans muss man auch noch schön kämpfen.“

Angriff und Regiequalitäten?

„Bei Győr spielen die besten Spielerinnen, und da ist es immer schwer, das Spiel aufzubauen. Sowohl in der Abwehr als auch im Angriff. Wir sind für unser schnelles Spiel bekannt, aber wenn man hinten immer ein Tor bekommt, dann ist es vorne auch schwierig, immer schnell zu spielen.“

Herbert Müller (Trainer Thüringer HC):

Demütigung über 45 Minuten?

„Das ist eine andere Kategorie. Győr ist mit Abstand die beste Mannschaft in Europa, sie spielen in einer anderen Dimension. Wir haben keinen Zugriff in der Deckung bekommen. Wir haben in der ersten Halbzeit keinen Ball in der Deckung bekommen. Der Angriff war aber gar nicht so schlecht. Aber man muss den Hut ziehen, diese Mannschaft ist übermächtig.“

THC aber auch nicht optimal gespielt?

„Ja, auch. Du hast gegen diesen Gegner nur eine Chance, wenn du sie 55 Minuten ärgern und dran bleiben kannst. Vielleicht sogar verunsichern kannst. Da musst du eine unglaubliche Deckung spielen, eine unglaubliche Torhüterleistung haben und wir hatten heute beides im negativen Sinne. Erst die letzte Viertelstunde kam dann das, was wir uns vorstellen.“

Torhüterleistung?

„Ein Ball in 45 Minuten ist schon eine ganz harte Angelegenheit. Aber es ist auch ein Problem der Deckung. Man muss die ganze Defensive sehen. Wenn die Abwehr die Zweikämpfe nicht gewinnt, wenn kein Stören da ist, keine Kompaktheit, dann hat man keine Chance. Die Abwehr hat nicht aggressiv gespielt.“

Offensiver Abwehrversuch?

„Ja, wir haben sogar 3:3 in der Abwehr über 5 Minuten gespielt. Aber da war jeder Angriff ein Treffer, so schnell konnten wir gar nicht schauen. Es war eine Katastrophe. Man muss so spielen wie in der letzten Viertelstunde, wobei man fairerweise sagen muss, dass sie da die zweite Garnitur auf dem Feld hatten. Von der Moral und kämpferischen Seite können wir natürlich mithalten.“

Angriffssystem noch nicht wie in letzter Saison?

„Wir spielen momentan zu wenig flüssig, auch im Angriff als komplexes System gesehen. Wir hatten in den letzten drei Jahren so eine Leichtigkeit, das ist fast so von allein geflutscht. Und davon ist momentan wenig zu sehen. Wir müssen uns alles ganz hart erarbeiten. Wir müssen wieder diese Lockerheit und Sicherheit reinbekommen. Gerade auch über die guten Spiele sind diese zu bekommen.“

Nach Baia Mare-Sieg gegen Hypo sind die Chancen intakt?

„Rein rechnerisch ist es natürlich ganz einfach. Győr wird marschieren und kann ruhig null Verlustpunkte haben. Mindestens ein Punkt in Baia Mare und dann zu Hause das Endspiel gegen Hypo, dass wäre natürlich super. Dieses Finale gegen Hypo musst du dann für dich entscheiden. Gegen Hypo haben wir tatsächlich noch eine Rechnung offen. Da haben wir uns unter Wert verkauft und das sind auch die Gegner unserer Kragenweite.“

Am 10 Tagen in Leipzig zum Spitzenspiel?

„Da wird die Tagesform entscheiden. Es wird ein ausgeglichenes Spiel. Beide Mannschaften sind enteilt. Insofern sind die direkten Duelle ganz, ganz wichtig. Wir werden versuchen, dort zu gewinnen.“

Nadja Nadgornaja (Thüringer HC):

Vorentscheidung nach 10 Minuten?

„Es war eine deutliche Kiste. Győr war definitiv eine Klasse stärker. Und das hat sich im Ergebnis wieder gespiegelt. Man darf auch nicht so viele freie Bälle wegwerfen, leichte technische Fehler machen und die Abwehr muss kompakter stehen. Auch der Torhüter muss mal ein paar Bälle halten.“

Győrs Rückraum?

„Das ist das Prunkstück in der Mannschaft – zusammen mit Löke am Kreis. Es ist kaum zu verteidigen.“

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