Christian Fitzek: „Schwartau ist ein Traditionsklub mit atemberaubender Vergangenheit”

26.09.2013 – PM:

Seit rund einem Jahr ist Christian Fitzek (53) Geschäftsführer des VfL Bad Schwartau. Einiges hat der Mann, der nebenbei noch seinen Master in Betriebswirtschaft machte (MBA), bereits erreicht. Aber vieles bleibt noch zu tun. Und als sei das alles noch nicht genug, arbeitet der 109-malige Nationalspieler, der mit dem VfL Gummersbach Meister, Pokalsieger und Europacupgewinner war, auch noch im Präsidium der DKB HBL mit und vertritt dort vehement die Positionen der Zweitligisten. Der HBL stand er in einem ausführlichen Interview Rede und Antwort.

Christian Fitzek - Foto: HBL
Christian Fitzek – Foto: DKB-Handball-Bundesliga

Am vergangenen Wochenende wählte der Deutsche Handballbund sein neues Präsidium. Auch Sie waren vor Ort. Ist Bernhard Bauer aus Ihrer Sicht eine gute Wahl?

Christian Fitzek: Ich glaube schon. Ich kenne Bernhard Bauer noch aus meiner Zeit bei Frisch Auf Göppingen. Da war und ist er noch immer ein sehr geschätzter Handball-Fachmann. Er hat beim Bundestag in Düsseldorf zudem eine beeindruckende Rede zum Antritt gehalten, in der er seinen Acht-Punkte-Plan vorstellte. Ohne dem scheidenden Präsidium etwas Schlechtes nachsagen zu wollen: eine Veränderung wie diese wird dem Verband gut tun.

Auch der Liga?

Christian Fitzek: Das wird sich zeigen. Ich bin da aber sehr optimistisch. Zum einen, weil Bauer der Liga sofort eine offene Kommunikation und Kooperation anbot, zum anderen, weil mit Bob Hanning nun jemand Vizepräsident Leistungssport im DHB geworden ist, der zuvor lange Jahre im Präsidium der Liga mitgearbeitet hat. Da werden sich ganz sicher Synergien ergeben, die zuvor nicht dagewesen waren. Ich kann mir schon vorstellen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen HBL und DHB deutlich verbessert. Hanning kennt sowohl die Liga, als auch den Verband und seine Nationalmannschaft.

Um den Handball insgesamt voranzubringen, bedarf es unbedingt einer starken und erfolgreichen Nationalmannschaft.

Christian Fitzek: Darüber sind mittlerweile Liga und Verband übereingekommen, dass das so ist.  Ich glaube, dass die Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren nicht immer das Wichtigste war. Jetzt, nach der verpassten EM-Qualifikation, aber kommt der Wind von vorne. Die Zuschauerzahlen in der Liga sind leicht rückläufig, die Etats nicht mehr zu steigern. Die Nationalmannschaft hat zuletzt sicher nicht dazu beigetragen, der Liga Schubkraft zu verleihen.

Wie kommt das?

Christian Fitzek: Wir haben vielleicht im Augenblick ganz einfach nicht diese Ausnahmespieler wie Domagoj Duvnjak oder Aron Palmarsson, um ganz oben dabei zu sein. So kannst du gegen jeden gewinnen, aber auch gegen jeden verlieren. Und auch, wenn die Liga mit dem Jugendzertifikat und vielen anderen Dingen schon viel Erfolg bei der Nachwuchsarbeit aufweisen kann, so geht das alles eben nicht von heute auf morgen. Bei der so wichtigen Anschlussförderung müssen wir noch weiter vorankommen, um den Nachwuchs in die 1. Liga zu bringen. Aber da setzen wir jetzt große Hoffnungen in Bob Hanning. Er ist ein Mensch, der sicher polarisiert, aber andererseits auch unglaublich viel bewegen kann.

Wieviel konnten Sie denn bereits in Bad Schwartau bewegen?

Christian Fitzek: Meine Arbeit hier in Schwartau ist auf drei Jahre angelegt. Und wenn du dabei in ein System kommst, dass über Jahre irgendwie funktioniert hat, aber eigentlich schon ein wenig ausgehöhlt ist, dann lässt sich das nicht innerhalb eines Jahres alles ändern. Mehr noch: Die eine oder andere Entscheidung tut weh, und man muss sensibel mit Entscheidungen umgehen, damit alle mitgenommen werden und nicht verärgert abseits stehen. Aber insgesamt sind wir auf einem guten Weg und haben auch schon einige Ziele umgesetzt. Der VfL Bad Schwartau ist ein Traditionsverein mit einer atemberaubenden Vergangenheit. Diesen Klub in der 2. Liga zu stabilisieren, das ist meine Aufgabe.

Bislang sieht es mit 6:0 Punkten aus drei Saisonspielen ganz ordentlich aus in dieser noch jungen Saison.

Christian Fitzek: Ein Pflichtsieg, zwei Überraschungen aus den ersten drei Begegnungen – das kann sich sehen lassen. Der Heimsieg gegen den Aufsteiger aus Rimpar war erwartet, aber gegen die Erstliga-Absteiger Neuhausen und Großwallstadt hat uns doch keiner etwas zugetraut. Da muss ich dem Team ein Riesenkompliment machen. Das war klasse gespielt, auch, weil wir in beiden Spielen schon teilweise sehr deutlich zurückgelegen haben. Im Heimspiel gegen Neuhausen hat auch die tolle Atmosphäre in unserer Halle den Ausschlag gegeben.

Haben Sie eine konkrete Zielsetzung für die neue Saison?

Christian Fitzek: Wir wollen einen einstelligen Tabellenplatz erreichen. Wie eng das aber zwischen Aufstiegsambitionen und Abstiegsangst in einer ausgeglichenen Liga gehen kann, haben wir in der vergangenen Saison erlebt, als wir plötzlich nach einer richtig guten Serie in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen lagen.

Insgesamt macht die sportliche Ausgeglichenheit doch auch die Faszination der eingleisigen 2. Liga aus, oder nicht?

Christian Fitzek: Wenn wir alles andere weglassen, stimme ich dem zu. Sportlich ist das absolut top. Die Liga hat ein sehr hohes Niveau erreicht. Hier tummeln sich sehr viele Junioren-Nationalspieler, die in zum Teil begeisternder Atmosphäre lernen können. Die Hallen sind stets gut gefüllt. Aber es ist auch eine unglaublich große Aufgabe, einen Verein in der 2. Liga zu halten. Wir müssen weg vom Inseldenken, die beiden Bundesligen müssen sich als eine große Liga mit 38 Klubs begreifen. Die meisten Zweitligateams trainieren wie Erstligisten, haben aber gerade mal ein Fünftel eines Erstligaetats. Was wir brauchen, ist einen Ligasponsor, den wir nicht haben. Und davor noch deutlich mehr TV-Zeiten, um für einen solchen Ligasponsor überhaupt interessant zu werden. Die 1. Liga muss sich noch mehr mit der 2. Liga befassen.

Wie stellen Sie sich das vor?

Christian Fitzek: Das ginge zum Beispiel in Form von Patenschaften benachbarter Erst- und Zweitligaklubs. Kiel und Altenholz, Flensburg und Tarp oder auch Berlin und Schwartau – das wären denkbare Modelle, bei denen Nachwuchsspieler beim Erstligisten unter Vertrag stehen, aber beim Zweitligisten für einen Anteil am Gehalt spielen können. Ansonsten muss ich doch zwangsläufig andere Dinge im Kopf haben, als junge Spieler auszubilden. Schließlich bin ich meinen Gesellschaftern gegenüber verantwortlich.

Was fehlt Ihrem Klub, um in die 1. Liga aufsteigen zu können?

Christian Fitzek: Zwei Millionen Euro. Unsere Halle ist erstligatauglich, unser Umfeld ist es auch. Aber die 1. Liga ist in Schwartau ohnehin ein sensibles Thema. Mit dem Umzug nach Hamburg vor vielen Jahren ist hier vor Ort viel Erde verbrannt worden. Insofern ist ein Aufstieg in die 1. Liga hier nicht erste Bürgerpflicht. Wenn es denn so kommen sollte, nehmen wir das sportliche Abenteuer sicher an, aber wir werden kein wirtschaftliches Risiko dafür eingehen. Uns fehlen hier in der Region, die nicht die wirtschaftliche Durchschlagskraft hat, ganz einfach die Großsponsoren. Wir fahren die 2. Liga mit einem Etat in Höhe von 700.000 Euro, damit ist vielleicht mal ein Aufstieg, nicht aber der Klassenverbleib in Liga eins zu machen.

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