Klaus-Peter Jung: „Gemeinsam anpacken, um Volleyball zu entwickeln.”

03.06.2014 – PM DVL:

Interview mit DVL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung (Teil 1)

Die Deutsche Volleyball-Liga (DVL) stellt die Weichen für die Zukunft. Am 20./21. Juni findet in Berlin die Bundesliga-Vollversammlung statt. Dort soll der Masterplan verabschiedet werden – Regiebuch, Strategiepapier, Leitfaden für die kommenden Jahre. DVL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung spricht im ersten Teil des Interviews über aktuelle sportliche und wirtschaftliche Entwicklungen in den Bundesligen bei Frauen und Männern, die kritischen Situationen in Suhl und Haching sowie die vielversprechenden Aufsteiger Königs Wusterhausen, Herrsching und Lüneburg.

DVL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung: "Die Klubs haben verstanden, dass sie im administrativen Bereich investieren müssen." - Foto:  Robert Felgentreu
DVL-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung: „Die Klubs haben verstanden, dass sie im administrativen Bereich investieren müssen.“ – Foto: Robert Felgentreu

Herr Jung, Ihre erste komplette Saison als Geschäftsführer der DVL liegt hinter Ihnen. Wie haben Sie die Spielzeit im Vergleich zu Ihrer langjährigen Tätigkeit als Clubmanager erlebt?
Klaus-Peter Jung: Für mich hat sich ein ganz anderer Blickwinkel aufgetan, eine komplett neue Erfahrung. Ich habe es über 20 Jahre genießen dürfen, bei einem Bundesligisten in direkter Verantwortung zu stehen. Dann fiebert und leidet man emotional mit seinem Klub mit. In meiner neuen Funktion gehört das Volleyball-Herz allen Vereinen. Wenn ich in den Hallen zu Gast bin, betrachte ich die Spiele aus fachlicher Sicht, beobachte aber vor allem Vermarktung, Organisation und Präsentation der Partien.

Ihr Sohn Jonas Kronseder stand als Trainer Ihres Ex-Klub Rote Raben Vilsbiburg in den Finalspielen im Fokus. Wie schwer fiel es da, neutral zu bleiben?
Klaus-Peter Jung: Beim Ex-Verein fiebert man natürlich ein wenig mehr mit – auch unabhängig davon, ob mein Sohn dort beschäftigt ist. Aber ich habe bei den Finals zwischen Dresden und Vilsbiburg festgestellt, dass ich es inzwischen sehr gut hinkriege, die Endspiele mit neutralem Blick zu beobachten.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Produkt Volleyball-Bundesliga in der Spielzeit 2013/14 aus sportlicher Perspektive?
Klaus-Peter Jung: Ich war sehr zufrieden, was die Highlight-Spiele angeht. Bei den Männern haben mit Berlin und Friedrichshafen zwei Teams auf Augenhöhe gegeneinander gespielt. Da wurde um jeden Punkt gerungen. Bei den Frauen war es ebenfalls spannend, aber da fehlte in der Finalserie durch den deutlichen 3:0-Sieg des Dresdner SC etwas die Dramatik. Die Halbfinalpartien waren dagegen umso enger und emotionaler. Hier war deutlich die Ausgeglichenheit der Liga zu sehen.

Und was Zuschauerzahlen und Präsentation angeht?
Klaus-Peter Jung: In den Finalspielen waren die Zuschauerzahlen gut bis sehr gut. Wir müssen aber dahin kommen, dass die mittelgroßen Hallen wie in Dresden und Friedrichshafen in den Endspielen immer ausverkauft sind. Das war leider nicht so. Im ersten Spiel in Dresden sind ein paar Plätze frei geblieben, in Vilsbiburg und Friedrichshafen auch. In Berlin ist der Zuschauerzuspruch mit jeweils fast 8.000 Besuchern nach wie vor sensationell gut für unsere Sportart.

Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Liga generell?
Klaus-Peter Jung: Allen Vereinen ist klar geworden, dass wir gemeinsam anpacken müssen, wenn wir unsere Sportart entwickeln wollen. Berlin und Friedrichshafen machen es bei den Männern vor, wie man durch professionelles Arbeiten Etats generiert, Zuschauer anlockt und Erfolge einfährt. Die Klubs haben verstanden, dass sie im administrativen Bereich investieren müssen. Bei den Frauen ist das Feld nicht nur sportlich, sondern auch was Professionalität und Budget betrifft sehr homogen. Da sind die ersten sieben, acht Teams sehr eng beieinander. Bei den Männern hat sich dagegen eine Drei-Klassen-Gesellschaft entwickelt.

Ist es eher Vorteil oder Problem, dass die Liga mit Berlin und Friedrichshafen zwei Leuchtturm-Klubs hat, die die Meisterschaft unter sich ausmachen.
Klaus-Peter Jung: Ich sehe das für die Liga nicht als Problem an. Wir sind froh und stolz, Berlin und Friedrichshafen zu haben. Beide Klubs verkaufen den deutschen Volleyball auch international sehr gut. Ähnlich wie zuvor Unterhaching und zuletzt Bühl können sich auch andere Klubs an die Spitze arbeiten. Man sieht das im Basketball, wo jahrelang zwei Teams die Meisterschaft unter sich ausgemacht haben und heute gleich mehrere Klubs überraschend in die Spitze vorgestoßen sind. Diese Entwicklung wollen wir auch im Volleyball anstoßen und begleiten.

Bei den Frauen ist das Feld bereits jetzt sehr eng beisammen.
Klaus-Peter Jung: Die Entwicklung in der Frauen-Bundesliga ist sehr positiv, weil das Feld der Meisterschaftskandidaten so homogen geworden ist und sich immer weiter verdichtet. Auch Aachen, Wiesbaden, Schwerin oder Münster hätten es ins Finale schaffen können. Potsdam wächst zu einem Konkurrenten für die Topklubs heran. Dadurch sind die Play-offs von Beginn an interessant und spannend.

Wird Suhl in der kommenden Saison in der 1. Liga dabei sein?
Klaus-Peter Jung: Wir haben den Suhlern in Aussicht gestellt, dass sie einen freien Platz einnehmen können, falls sie die entsprechende Wirtschaftlichkeit nachweisen und die Auflagen umsetzen. Daran muss Suhl arbeiten; ich habe den Eindruck, dass das sehr verantwortungsbewusst geschieht. Das ist ein Traditionsstandort, von dem wir als Liga nur hoffen können, dass er uns erhalten bleibt. Wir versuchen diesen Prozess als Dienstleister zu begleiten und haben im Rahmen der Lizenzauflagen eine regelmäßige Kontrollschleife über die wirtschaftlichen Entwicklungen am Standort installiert. Natürlich gelten für Suhl die gleichen Regeln wie für alle anderen Klubs – andernfalls würden wir uns unglaubwürdig machen. Eine endgültige Entscheidung über den Ligaverbleib wird voraussichtlich Anfang September fallen.

Bei den Männern ist die Situation dramatischer. Bottrop wurde im Januar die Lizenz entzogen, Moers hat keinen neuen Lizenzantrag gestellt und hinter dem Ligaverbleib von Haching steht weiter ein Fragezeichen. Geht die Liga am Ende gestärkt aus diesem zunächst schmerzhaften Reinigungsprozess hervor?
Klaus-Peter Jung: Die Liga kann daraus gestärkt hervorgehen. Es ist ja ein Ziel des Masterplans, dass sich die Liga selbst stärkt und sich professionell positioniert. Mit der Umsetzung des Masterplans haben die Situationen der angesprochenen Vereine allerdings nichts zu tun. Da ist jeder Fall gesondert gelagert. Bottrop etwa hat riesige Fehler gemacht. Das Management dort war nicht reif für die 1. Liga. Unterhaching dagegen findet trotz zahlreicher Erfolge und jahrelanger wirtschaftlich solider Arbeit nach dem Ausstieg von Generali einfach keinen neuen Geldgeber. Dort wird weiter gekämpft, aber da gibt es leider keinen neuen Stand zu vermelden.

Was dürfen wir wirtschaftlich und strukturell von den Aufsteigern Netzhoppers Königs Wusterhausen, Herrsching und Lüneburg erwarten?
Klaus-Peter Jung: Dass diese Klubs den Schritt in die 1. Liga wagen, ist ein sehr positives Signal für die Männer-Bundesliga. Klar, spielen diese Klubs auf einem kleineren Klavier als Berlin und Friedrichshafen. Aber diese drei Aufsteiger können sich durchaus in Richtung der Vorbilder Düren und Bühl entwickeln, die die treibenden Kräfte hinter den beiden Spitzenklubs sind. Netzhoppers, Herrsching und Lüneburg sind sehr engagiert und in permanentem Austausch mit dem DVL-Center. Sie bemühen sich um eine gute wirtschaftliche Lizenzierung und machen ihre Hausaufgaben. Die Hürde, in die 1. Liga zu gehen, ist bereits geringer geworden – ein Ziel des Masterplans.

Interview: Ullrich Kroemer

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