Volleyball: BR Volleys und Dresdner SC – Die Visionen der Meistermacher

12.05.2014 – PM DVL:

Doppelinterview mit Kaweh Niroomand (BR Volleys) und Jörg Dittrich (Dresdner SC)

Sie steuern die erfolgreichsten deutschen Volleyballteams und sind die Vordenker der Deutschen Meister 2014: Berlins Meister-Manager Kaweh Niroomand und Dresdens Vorstandsboss Dr. Jörg Dittrich über erfolgreiche Strukturen, die Perspektiven für ihre Klubs sowie die gesamte Liga.

Herr Niroomand, Herr Dittrich, herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft. Wie haben Sie die Tage nach den Titeltriumphen erlebt?

Kaweh Niroomand: Wie im vergangenen Jahr haben wir die Nacht in Friedrichshafen durchgefeiert und sind direkt von der Meisterfeier ins Flugzeug gestiegen, um nach Berlin zurückzufliegen. Besonders gefreut hat mich die Medienresonanz. Nicht nur hier in Berlin, in allen überregionalen Blättern wurde über uns berichtet. Wir haben das Thema Volleyball in der öffentlichen Wahrnehmung wieder ein Stück vorangebracht.

Jörg Dittrich: Ich habe die Meisterschaft des DSC verpasst, da eine Stunde nach Abpfiff unser Sohn Oskar geboren wurde. Diesen 3. Mai werde ich also mein Leben lang nicht vergessen. Während der Wehenpausen habe ich immer mal auf mein Handy geschaut, wie es steht. Es ist toll, dass unsere Arbeit belohnt wurde, und es wäre schön, wenn wir mal wieder Meister würden, damit ich das dann auch miterleben kann (lacht). Es waren tolle Tage, jetzt ist das Adrenalin nach all den Feierlichkeiten erstmal aufgebraucht.

Ihre beiden Vereine gehören zu den professionellsten hierzulande. Was zeichnet Ihre Klubs aus, was macht den Erfolg konkret aus?

Niroomand: Wir versuchen seit Jahren, mit Augenmaß nicht nur in die sportliche Entwicklung, sondern auch in die Infrastruktur und hauptamtliche Mitarbeiter zu investieren. Das ist die Grundlage dafür, wenn man Volleyball auf so einem Niveau präsentieren will, wie wir es tun. Erfolgreicher Sport ist heute ein Teil der Unterhaltungsindustrie. Dazu braucht es Hauptamtlichkeit, um dieser Anforderung gerecht zu werden.

Dittrich: Wir haben es mit unserem Konzept und unserem Produkt geschafft, die Sympathie von Fans und Sponsoren in der Region zu bekommen. Ausschlaggebend dafür ist nicht allein, ob wir einen Titel holen. Wir hatten in den vergangenen Jahren ständig steigende Zuschauerzahlen, obwohl wir nur einmal Meister geworden sind. Und: Wir unterscheiden klar zwischen sportlichen und unternehmerischen Kompetenzen. Wir kümmern uns mit einem großen Netzwerk aus Unternehmen und Politik um die wirtschaftliche Entwicklung, gleichzeitig wird wenig in sportliche Belange hereingeredet.

Gibt es eigentlich Beziehungen zwischen BR Volleys und Dresdner SC?

Dittrich: Auch mit anderen Vereinen, aber speziell mit den BR Volleys gibt es einen guten Gedankenaustausch. Wir schauen ständig, wo wir uns Dinge abschauen können. Da sind die BR Volleys für uns Vorbild. Ich vermute, dass auch wir die eine oder andere Aktion machen, an denen sich andere orientieren können.

Niroomand: Die Geschäftsstellen stehen in Kontakt, wir tauschen gern Ideen mit anderen Klubs aus. Aber ich sage auch: Wir haben nicht das Allheil-Mittel gefunden, um Volleyball insgesamt zu vermarkten – das steht uns nicht zu. Wir haben ein Konzept für Berlin entwickelt. Das A und O ist, dass jeder Klub für seinen Standort das richtige Konzept mit regionaler Färbung findet. Kopien bringen nichts.

Welche Vision haben Sie für Ihre Vereine für die Zukunft?

Dittrich: Vor vier Jahren haben wir uns vier Hauptziele gesetzt: Wir wollten die Zuschauerzahlen und die mediale Präsenz im Fernsehen erhöhen, in der Bundesliga immer um Titel mitspielen und in Europa in der Lage sein, andere ärgern zu können. All das haben wir erreicht. Wir werden uns jetzt mit dem Vorstand zusammensetzen, um neue Ziele zu definieren.

Nämlich?

Dittrich: Wir wollen die Zuschauerzahlen weiter steigern, da gibt es keinen Grund, genügsam zu sein. Ich möchte die Anzahl der verkauften Jahreskarten in den nächsten Jahren auf etwa 1200 verdoppeln. Das hieße, dass die Margon-Arena immer ausverkauft ist. Spiele des DSC müssen so begehrt sein, dass es immer voll ist. Was unsere Sponsoren angeht, muss sich Erfolg lohnen. Wir müssen es schaffen dahin zu kommen, dass uns unsere Sponsoren für Platzierungen Prämien zahlen. Das wollen wir gern ausbauen und größere Unternehmungen auf Volleyball in Dresden aufmerksam machen.

Niroomand: Bei den BR Volleys müssen wir das rasante Tempo aus der Entwicklung in den vergangenen Jahren ein wenig drosseln. Um das, was wir aufgebaut haben, zu untermauern und die anderen Vereine mitzunehmen. Das Level, das wir erreicht haben, gilt es zu stabilisieren. Wir müssen aufpassen, dass die Schere zu den anderen Klubs nicht immer weiter auseinander geht. Das meine ich ausdrücklich nicht sportlich, sondern strukturell. Denn: Meister kann man nicht oft genug werden. Und auch in der Champions League wollen wir weiter vorankommen.

Ihre beiden Vereine zählen zu den Spitzenprodukten der Volleyballnation. Wie beurteilen Sie die Konkurrenten in den Bundesligen?

Niroomand: Meine Vision und mein Wunsch sind, dass Volleyball in Deutschland insgesamt wächst. Wenn wir gerade im Männer-Volleyball eine Liga haben, die nicht genügend spannende Spiele und Konkurrenz bietet, dann nützen uns auch die besten Visionen für unseren Klub nichts. Dabei gibt es beileibe nicht nur negative Entwicklungen, sondern auch gute wie in Bühl oder Düren. Wir wollen mit unserem Weg den anderen Klubs zeigen, dass man etwas erreichen kann, wenn man sein Schicksal in die Hand nimmt. Doch dazu muss jeder Standort an den richtigen Stellschrauben drehen. Dann haben wir auch eine spannende Liga.

Dittrich: Ich mache mir schon Sorgen, was die Situation einiger Konkurrenten angeht. Es steht mir nicht zu, anderen kluge Ratschläge zu geben. Aber es muss einen harten sportlichen Wettbewerb geben, sonst ist das zu unserem Nachteil. Wir müssen miteinander schauen, wie wir die Liga stärken und Erfahrungen austauschen. Es ist für uns kein Nachteil, sondern wichtig, wenn andere Klubs wirtschaftlich wachsen.

Was wünschen Sie sich, um die Liga perspektivisch zu stärken?

Dittrich: Alle Vereine bilden gemeinsam die Liga und bestimmen zusammen, wie es vorwärts geht. Wir müssen uns heftig auf den wirtschaftlichen Bereich konzentrieren und weniger auf den sportlichen. Der sportliche Erfolg ist eine Folge, wenn wir wirtschaftlich und strukturell wachsen. Deswegen müsste sich auch die DVL darum kümmern, genau wie die Vereine hochrangige Wirtschaftsvertreter als Ehrenämtler zu gewinnen und einzubinden.

Niroomand: Wir müssen alle gemeinsam als Liga darauf achten, wie wir uns nach außen hin darstellen, dass die Strukturen bei allen Vereinen professioneller werden, dass der angestoßene Masterplan umgesetzt wird. Mein Appell an die Kollegen ist: So gut die Arbeit ist, die die DVL macht – die Vereine dürfen sich nicht auf die Liga verlassen, sondern müssen sich der Aufgabe selbst stellen, Volleyball zu professionalisieren und zu vermarkten. Das kann nur gelingen, wenn jeder Verein selbst anpackt.

Infos zu den Personen: Kaweh Niroomand (61) ist seit 1991 Manager und Geschäftsführer der BR Volleys bzw. des Vorgängers SCC Berlin. Im Hauptberuf ist der gebürtige Iraner Geschäftsführer des IT-Konzern Micros Systems. Dr. Jörg Dittrich (44) ist neben seinem Amt als Vorstandsvorsitzender des Dresdner SC Inhaber eines Dachdeckerunternehmens sowie Präsident der Handwerkskammer Dresden.

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