Volleyball-Männer: Vital Heynen „Wir wollen eine Medaille in den nächsten drei Jahren.“

15.04.2014 – DVV:

Vital Heynen „Interview der Woche“: „Wann haben deutsche Volleyballer bei einem Top-Event zuletzt eine Medaille gewonnen? 1972, glaube ich, da war ich drei Jahre alt!“ Männer-Bundestrainer Vital Heynen kennt sich gut aus in der Historie des deutschen Männer-Volleyballs. In der Tat waren es die DDR-Männer bei den Olympischen Spielen in München, die mit Silber letztmals Edelmetall gewannen (Gold bei der Universiade 1999 und bei der European League 2009 mal außen vor). Deshalb sagt Vital Heynen selbstbewusst: „In den nächsten drei Jahren wollen wir bei der WM 2014, der EM 2015 oder den Olympischen Spielen 2016 eine Medaille gewinnen!“ Was er noch sagt, verrät er im „Interview der Woche“.

Foto: Conny Kurth - Bundestrainer Vital Heynen (Volleyball-Bundestrainer Männer)
Foto: Conny Kurth – Bundestrainer Vital Heynen (Volleyball-Bundestrainer Männer)

Die Vereinssaison neigt sich dem Ende entgegen, fast alle Nationalspieler sind noch im Einsatz. Wann ist der Start in die Vorbereitung für die Nationalmannschaft und wie sieht das Programm bis Bamberg aus?
Vital Heynen: „Wir starten am 5. Mai, wer dann alles dabei ist, weiß ich aber noch nicht. Die Ligen laufen alle unterschiedlich lange. In Russland sollte beispielsweise die Meisterschaft eigentlich bis zum 21. Mai gehen, nun endet sie am 3. Mai. In Italien sind auch Verschiebungen möglich. Es gibt also noch viele Fragezeichen, es ist abhängig, wer wie lange spielt. Sicher ist, dass die Trainer am 5. Mai da sind!“

2014 ist – wieder mal – ein wichtiges Jahr, es ist ein WM-Jahr. Welche Bedeutung hat da die World League?
Vital Heynen: „2014 ist ein ganz wichtiges Jahr, wobei das wichtigste Turnier bereits die WM-Qualifikation in Ludwigsburg war, die wir gut gemeistert haben. Das war entscheidend, um oben weiter dabei zu sein. Wir haben in der Zukunft drei große Turniere: die WM in Polen, die EM im nächsten Jahr in Italien und Bulgarien und die Olympischen Spiele in Rio. Die letzten drei Jahre waren dazu da, um die Mannschaft zu entwickeln, jetzt kommt der nächste Schritt: Wir wollen gewinnen! Was heißt das?! Das letzte Mal, als es eine deutsche Medaille gab, war 1972 – da war ich drei Jahre alt. Danach hat Deutschland nie eine Medaille gewonnen, deswegen sage ich, wir müssen versuchen, bei den drei nächsten Wettbewerben eine Medaille zu gewinnen. Daran müssen wir glauben, denn wenn am im Kopf darauf nicht vorbereitet ist, braucht man nicht anfangen. Die World League hilft mir, die Spieler darauf vorzubereiten. Die World League ist sehr interessant, um eine große Gruppe auf WM, EM und Olympische Spiele vorzubereiten. Es sind aber nicht nur Vorbereitungsspiele, ich kann nicht verlieren. Ich kann Niederlagen nicht akzeptieren, sonst ist man im Sport fehl am Platz. Für Bamberg heißt es also: es ist die Vorbereitung auf die WM, aber wir müssen gegen Japan gewinnen.“

Die FIVB hat den Modus gravierend verändert, jetzt nehmen 28 Teams teil, die in drei „Klassen“ eingeteilt sind. Wie findest du den neuen Modus?
Vital Heynen: „Aus sportlicher Sicht macht die FIVB einen Fehler. Wenn man auf die Weltrangliste und die letzten Platzierungen in der World League guckt, dann müssten wir in der ersten Klasse sein. Ist es ein Problem für mich? Ja und nein! Vor dem Hintergrund, auch Spieler entwickeln zu wollen, ist es vielleicht besser, gegen Teams auf Platz 7, 9 und 14 zu spielen und auf einer Höhe zu sein. Wenn wir immer gegen Russland spielen und nach einer Stunde fertig sind, hilft uns das auch nicht. Ab und zu ist es gut, gegen absolute Top-Teams zu spielen, aber nicht zu oft.“

Zum Auftakt geht es gegen Japan. Wie ist das aus deiner Sicht zu beurteilen und auf was können sich die Zuschauer einstellen bzw. freuen?
Vital Heynen: „Ich war 2012 in Japan und habe mir einige Spiele angeguckt. Die Japaner spielen anderen Volleyball als die Europäer, sie haben ein anderes Konzept. Ich habe 1989/90 das letzte Mal gegen Japan gespielt, aber das Spiel hat sich eigentlich nicht verändert. Deswegen ist es immer interessant, gegen Japan zu spielen. Sie haben wieder einen neuen Trainer, sie wollen wieder nach oben. Aber, wenn man ehrlich ist, ist es die vierte Mannschaft in unserer Gruppe.“

Siehst du die Partien auch als guten WM-Test? In Polen ist Asien-Vertreter Korea ein Vorrundengegner!
Vital Heynen: „Absolut, aber so weit denke ich nicht. Die WM kann man nicht imitieren, aber bei der World League gibt es TV, Zuschauer usw., der Druck ist ähnlich.“

Die anderen Gegner heißen in der World League FRA und ARG. Wie schätzt du diese Gegner ein, und was ist das Ziel von dir und der Mannschaft in der diesjährigen World League?
Vital Heynen: „Ich gehe davon aus, dass Argentinien mit Velasco, der dort wie ein „Gott“ angesehen wird, gleich zeigen will, dass er die Mannschaft besser macht. Deswegen glaube ich, dass Argentinien von Beginn an die World League komplett mit der besten Mannschaft spielt. Frankreich war neben uns die spielerisch beste Mannschaft bei der EM 2013 und hat dann im Viertelfinale gegen Russland nicht so gut gespielt, aber vorher Polen geschlagen. Es sind drei starke Mannschaften plus Japan, die ich nicht einschätzen kann. Mein Ziel ist es, viele neue Spieler zu sehen, und natürlich versuchen wir, alles zu gewinnen. Wenn wir gut spielen und verlieren, kann ich damit auch leben, zumal dann evtl. neue Spieler auf dem Feld stehen. Ich werde aber nie sechs neue Spieler aufs Feld stellen, sondern einen oder zwei Neue neben vier Etablierte.“

Kannst du schon etwas zum diesjährigen Kader in der World League sagen. Wirst du – auch im Hinblick auf die WM – rotieren?
Vital Heynen: „Ich habe jedes Jahr neue Gesichter und viele junge Leute. Ich kann aber noch nicht sagen, wer in Bamberg dabei ist. Aber Spieler, die im vergangenen Jahr dabei waren, müssen spielen. Beispielsweise Simon Hirsch, Philipp Collin, Michael Andrei, Tim Broshog – das sind Leute, die im vergangen Jahr angefangen haben, die müssen spielen. Der jüngste Spieler ist Libero Dennis Hefter von Mitteldeutschland. Der war überrascht, als ich angerufen habe. Das macht immer Spaß, junge Leute anzurufen. Grozer spielt normalerweise nicht in der World League. Er wird nach der Saison etwas Urlaub bekommen, um seine Familie zu sehen. Ich gehe davon aus, dass er kaum oder gar nicht in der World League spielt.“

Fehlen weitere Leistungsträger?
Vital Heynen: „Ich bin in ständigem Kontakt mit den Spielern, und alle haben gesagt, wir spielen die World League als WM-Vorbereitung. Am Ende der World League in Japan werden wir wohl mit vielen jungen Spielern vertreten sein, weil die Etablierten frei bekommen. Am Anfang jedoch werden alle dabei sein.“

Bei den Olympischen Spielen und der EM gingen die Viertelfinals jeweils verloren. Was braucht es, um die entscheidenden Spiele zu gewinnen?
Vital Heynen: „Die Idee, dass wir etwas gewinnen können! Wir waren in London und froh, dabei zu sein. Die Mannschaft hatte als Ziel das Viertelfinale, und als wir das geschafft haben, nimmst du deine Tasche und gehst nach Hause. Das machst du natürlich nicht, aber im Kopf machst du das! Wir waren vom Kopf her nicht vorbereitet, das Halbfinale zu erreichen. Bei der EM hatte ich die Vorgabe gegeben, eine Runde weiterzukommen, um den Druck von der Mannschaft zu nehmen. Im Viertelfinale hat sich die Szenerie von London wiederholt. Deshalb sind wir nach der erfolgreichen WM-Qualifikation in Ludwigsburg sofort in die Umkleidekabine gegangen, und ich habe der Mannschaft gesagt, dass wir bei der WM eine Medaille gewinnen wollen. Wenn man im Kopf damit nicht früh anfängt, dann kann man bei der WM auch keine Medaille holen. Bayern München macht das gut, die sind vom Kopf her darauf vorbereitet. Wenn man im Kopf glaubt, dass man gewinnt, hat man die Hälfte schon geschafft.“

Beim Pokalfinale hast du deinen Vertrag bis 2016 verlängert. Musstest du lange überlegen?
Vital Heynen: „Nein, das ging ganz schnell. Es ist sehr angenehm, in Deutschland zu arbeiten. Wir haben jetzt drei Jahre zusammen gearbeitet, und die Mannschaft und ich haben den Glauben, etwas gewinnen zu können. Schwieriger waren die Diskussionen mit meiner Frau, weil ich meine Familie in den vergangenen zwei Sommern wenig gesehen habe.“

Quelle: Deutscher Volleyball-Verband

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