Sport4Final – Ruhmeshalle des Sports: „Täve“ Schur

19.02.2013 – FZ:

Ein bewegender Abend mit der deutschen Sportler-Legende Gustav-Adolf Schur

 

Mit freundlicher Genehmigung von "Täve" Schur
Mit freundlicher Genehmigung von „Täve“ Schur

 

Blicken wir nicht weit zurück: Bibliothek Leipzig-Holzhausen am 18. Februar 2013. In einer Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Freundeskreis Holzhausen las der legendäre deutsche Radsportler Gustav-Adolf „Täve“ Schur aus seiner Autobiographie und sprach mit Sportinteressierten über sein Leben. Unter den Zuhören auch Dr. Manfred Merkel, Mitglied der Jury für die Auswahl der deutschen Sportler in die „Hall of Fame“ sowie Erika Zuchold, Doppel-Weltmeisterin im Turnen und DDR-Sportlerin des Jahres 1970 sowie fünffache olympische Medaillengewinnerin.

Bis heute ist die Popularität des Menschen, Sportlers und zeitweiligen Bundestagsabgeordneten Täve Schur nicht nur wegen seiner Erfolge ungebrochen: Neunfacher DDR-Sportler des Jahres und zweifacher, bester DDR-Sportler aller Zeiten. Auf einer den Gästen präsentierten DVD (Erlöse zu Gunsten des Friedensfahrtmuseums in Kleinmühlingen) anlässlich seines 80. Geburtstages charakterisiert ihn Reporterlegende Heinz-Florian Oertel angesichts der „Erfolge und seines Menschseins“ als aufrechten, ehrlichen Menschen sowie „vernünftigen, anständigen Kumpel“. Als Sportler war er ein „kompletter Radsportler“, der im „Flachen sprinten … gegen die Zeit … und auf die Berge“ fahren konnte (Oertel). Und deshalb steht für mich unumstößlich fest: Der in wenigen Tagen den 82. Geburtstag feiernde, 4-fache Vater, 7-fache Großvater und Sportidol mehrerer deutscher Generationen gehört in die „Sport4Final-Ruhmeshalle des deutschen Sports“!

Bisher kannte ich Täve Schur nur aus dem Radio, Fernsehen sowie Büchern. Meine erste LiveDabei-Begegnung

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in der Bibliothek Holzhausen war für mich innerlich hoch emotional – ich war ergriffen von der Natürlichkeit, Aufrichtigkeit und seinen klaren Überzeugungen zu Sport- und Politikthemen unserer Zeit und Gesellschaft. Eben ein studierter „Sportler mit Köpfchen“ (Diplom-Sportlehrer an der DHfK in Leipzig) und nochmal mit Oertel gesprochen: Ein „Mensch mit Leuchtturmcharakter“. Für mich einfach ein Vorbild für die jungen Sportler von heute. Ob die auch gern, wie „Täve“ seit seiner Kindheit, Holunderbeerensuppe oder Pellkartoffeln essen … Diese „Spezialitäten“ haben sicher mitgeholfen, dass unser Radweltmeister von 1958 und 1959 bis heute immer noch gut „durchtrainiert“ wirkt und weiterhin aktiv Rad fährt. Hut ab und noch lange weiter so.

Herzergreifend und für mich als „Sport-Historiker“ unbedingt erzählenswert: Wenn das „Blumenmädchen“ von einst die gelungene Veranstaltung mit Täve Schur organisiert und am Ende von ihm herzlich ein „zweites Mal“ innerhalb von 58 Jahren als Dankeschön umarmt wird! Gemeint ist Frau Brigitte Wagner, die als 26-Jährige im Jahr 1955 bei einer Sportlerehrung im Kulturraum des Thälmannwerkes in Magdeburg als „Blumenmädchen“ für „Täve“ agierte. Erinnerungen und Live-Erlebnisse können so schön sein – auch für die geneigten Zuhörer und Freunde des zweifachen Friedensfahrtsiegers von 1955 und 1959 …

Zu Beginn meines zweiten Teils über den unvergesslichen Abend mit Täve Schur in Leipzig-Holzhausen möchte ich, um Entschuldigung bittend, selbstkritisch ein Versäumnis nachholen: Unter den interessierten Zuhörern war mit Dieter Zuchold ein weiterer erfolgreicher DDR-Sportler. Laut meinem Kenntnisstand gewann er bei den DDR-Meisterschaften im Bahnradsport in der 4000-m-Mannschaftsverfolgung Bronze 1962 sowie Silber 1963 und 1964. Und zu seiner Frau Erika möchte ich unbedingt noch anmerken, dass sie 1964 als erste Turnerin der Welt den „Flickflack“ auf dem Schwebebalken kreierte. Eine Turnerfindung für die Ewigkeit …

Authentisch und sympathisch, lächelnd mit Späßen auf den Lippen aber auch wichtigen Lebensthemen mit dem nötigen Ernst begegnend: Täve Schur las im Verlauf des Abends aus seiner Autobiographie und beantwortete Fragen seiner zahlreich erschienenen Fans.

Auf keinen Fall vergessen wollte er, von seinen Teilnahmen an der „Tour der Hoffnung“ zu erzählen. Diese alljährlich in Deutschland (Gründung durch Universität Gießen) ausgetragene Veranstaltung unterstützt krebs- und leukämiekranke Kinder. Im Jahr 2012, so „Täve“ ergänzend, wurden Spenden i.H.v. 1,4 Millionen EUR erzielt.

Aus der Zeit als Bundestagsabgeordneter erwähnte die Sportlerlegende die Episode, dass der kürzlich verstorbene Klaus Köste als Olympiasieger „sein Mitarbeiter war“, obwohl er selbst nur Olympia-Silber gewann. Credo beider Weltklassesportler im Bundestag: „Wir müssen schlank durch die Reihen gehen.“ Kritisch wurde von Täve Schur aus seiner „Politiker-Zeit“ angemerkt, dass bei einer sportpolitischen Debatte nur ca. 60 Abgeordnete anwesend waren. Sportbegeisterte Zuhörer auf den Rängen zählte er wesentlich mehr.

Die „Politiker-Zeit“ brachte ihn auch 2000 zu den Paralympics ins australische Sydney. Bei einer Busfahrt korrigierte „Täve“ das von Klaus Kinkel vorgegebene Ziel Tennisstadion. Dem Busfahrer sagte er, „wir fahren ins Radsportstadion zu den Tandem-Fahrern“. Ohne Kinkels Widerspruch …

Zu den Straßen-Weltmeisterschaften 1960 auf dem Sachsenring wurde die Frage gestellt, ob die Reihenfolge zwischen den DDR-Fahrern abgesprochen war. Täve Schur, der als Titelverteidiger ins WM-Rennen gegangen war, sprach von einer sportlichen Entscheidung. Als er und der spätere Weltmeister Bernhard Eckstein den allein führenden Belgier van den Berghen einholten, zog Eckstein sofort das Tempo an und allein weg. „Täve“ selbst konnte dann „mit dem besseren Gang“ den Belgier noch im Sprint bezwingen.

Sehr liebevoll und mit Stolz antwortete Täve Schur auf die Frage nach seinen Kindern. Neben den kurz skizzierten Entwicklungswegen vergaß er nicht zu erwähnen, dass Sohn Jan 1988 Olympiasieger im 100-km-Mannschaftszeitfahren wurde. Und er selbst „nur“ Silber und Bronze von Olympia nach Hause brachte …

Aber dafür steht bis heute in der heimatlichen Garage ein „himmelblauer Trabi mit weißer Friedenstaube“. Bei den Zuhörern und auch in meinen Gedanken assoziiert: Ein wunderschönes Sinnbild für den ersten DDR-Friedensfahrt-Sieger 1955!

Explizit kein Thema dieses bewegenden Abends war die Weigerung der Stiftung „Deutsche Sporthilfe“, den populärsten DDR-Sportler aller Zeiten in die „Hall of Fame“ des deutschen Sports aufzunehmen. Nur „Täves“ Hinweis, dass es Platten mit seinem Handabdruck in Podersdorf bei Wien und im sächsischen Lichtenstein gibt, muss in diesem Beitrag erwähnt werden. Für den Autor unstrittig – keine Aufnahmeverweigerung: Der Mensch Gustav-Adolf „Täve“ Schur tritt mit seinem Lebenswerk in die „Sport4Final-Ruhmeshalle des deutschen Sports“ ein!

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