Herbert Müller (Thüringer HC) im SPORT4Final-Interview: „Wir haben ein großes Herz.“

02.11.2014 – SPORT4Final:

SPORT4Final-Redakteur Frank Zepp sprach nach dem „großen Kino“ in der Champions League gegen Buducnost Podgorica mit dem Cheftrainer des Thüringer HC, Herbert Müller, über ein paar „Auffälligkeiten“ in der Spielanalyse.

Herbert Müller (Thüringer HC) im SPORT4Final-Interview: „Wir haben ein großes Herz.“ - Foto: SPORT4Final
Herbert Müller (Thüringer HC) im SPORT4Final-Interview: „Wir haben ein großes Herz.“ – Foto: SPORT4Final

Glückwunsch zu einer guten Leistung. Ich sage provokativ nicht sehr gut, weil ich denke, heute war noch mehr drin.

Herbert Müller: „Ich akzeptiere das. Ich denke, bei einer sehr guten Leistung hätten wir das Spiel heute gewonnen. Wir waren auf Augenhöhe über 50 Minuten. Zehn Minuten vor der Pause haben das Spiel entschieden. Aber der Qualitätsunterschied, den eine Cristina Neagu oder Clara Woltering aufs Parkett bringen und das sind absolute Weltklassespielerinnen, die sie zu Hauf in ihren Reihen haben. Wir haben momentan nicht einmal eine gelernte Linksaußen. Das sind die Unterschiede. Aber was wir haben, dass ist ein großes Herz. Wir haben gekämpft ohne Ende und nie aufgegeben. Wir haben auch in der Halbzeit gesagt, wir wollen nochmal rankommen. Das haben wir geschafft. Aber leider nie den Ausgleich geschafft.“

Aus Ihrer Sicht entschieden als „Matchplayerin“ Cristina Neagu und Clara Woltering mit ihren individuellen Leistungen die Partie?

Herbert Müller: „Ich finde, dass Cristina Neagu unglaublich gut gespielt hat. Sie war die, die jedes Mal angezogen hat. Sie hat immer zwei Leute gebunden und hat viele Schlagwürfe selber getroffen. Und hat unglaublich gut gekreuzt und die Anderen frei gespielt. Das ist schon eine ganz tolle Spielerin.“

Sie hat auch im diesjährigen Champions-League-Finale immer wieder Buducnost im Spiel gehalten.

Herbert Müller: „Ich habe sie ja trainiert. Ich weiß, was dieses Mädel kann. Sie war damals 19 und da war schon klar, was da heran wächst. Sie ist eine fantastische Handballspielerin, auch vom Charakter her.“

Ich muss noch mal in die „Wunde hinein fragen“. In der zweiten Halbzeit, als sie dran waren, kamen einige Fehlwürfe zu viel und im Angriff wurde vielleicht zu viel liegen gelassen, da Jana Krause das Torhüterduell verloren hatte. Sie hätten mit besserer Wurfeffizienz einen Punkt gewinnen können.

Herbert Müller: „Ich sehe das genauso. Wir wissen, dass hier auf diesem Niveau vielleicht Dinger nicht reingehen, die in der Bundesliga doch noch durchrutschen. Und das müssen wir weiter lernen. Da müssen wir weiter dran arbeiten. Auch dass wir mutiger weiter werfen. Wir haben ja auch in der Endphase beim 7 gegen 6 zu wenig geworfen. Haben den Ball einfach nur noch hin und her geworfen. Wir hätten einfach werfen müssen.“

Sie hatten gute Wurfpositionen und haben nicht geworfen …

Herbert Müller: „Genauso ist es. Gute Wurfpositionen und haben die Würfe nicht genommen. Das ist ein bisschen schade. Da muss man den Mut haben und sagen, was soll’s, ich habe hier nichts zu verlieren. Ich habe hier die einmalige Chance, die beste Mannschaft Europas zu schlagen und die versuche ich dann zu nutzen. Aber wir werden auch das lernen. Ich bin trotzdem sehr glücklich, auch wenn mehr drin gewesen wäre.“

Sie haben Buducnost in manchen kämpferischen Phasen auch den Schneid genommen.

Herbert Müller: „Ja, das stimmt. Wir wissen, wie unser kämpferisches Element ist. Das ist sehr hoch einzuschätzen. Wir wissen, dass wir nie aufgeben. Aber das wussten auch die und das hat man gesehen. Die waren auch darauf vorbereitet. Und im Endeffekt ist das der Unterschied zwischen einem potentiellen Champions-League-Gewinner und jemanden, der versucht, Schritt für Schritt mitzuspielen.“

Oder eine Bank von 8 bis 14 hat …

Herbert Müller: „Bei uns saßen von 8 bis 14 nicht so viel.“

Was ich nicht so richtig verstanden habe: Nach der roten Karte von Danick Snelder haben Sie Franziska Mietzner auf Linksaußen gestellt.

Herbert Müller: „Wir wollten da noch einmal ein 7 gegen 6 probieren. Und da musste sie an den Kreis. Ansonsten haben wir einfach keine andere Linksaußen.“

Warum nicht auf Kreismitte?

Herbert Müller: „Ich denke, Meike Schmelzer hat ihre Chance gut genutzt. Ich war sehr zufrieden mit ihr. Wenn ich eine gelernte Kreisläuferin habe, dann kommt Mietzi nur bei 7 gegen 6 als zweite Kreisläuferin dazu.“

Im Rückraum war für Franziska Mietzner heute keine Chance zu spielen?

Herbert Müller: „Das ist immer so eine Entscheidungsfindung. Wenn man das Gefühl hat, man kann das Ding vielleicht nochmal so drehen, dann hat man vielleicht doch zu bestimmten Leuten ein bisschen mehr Vertrauen.“

In Skopje war sie aber mit 6 Toren am erfolgreichsten?

Herbert Müller: „Das stimmt. Da muss dann die Chance genutzt werden. Wenn sie heute den einen oder anderen getroffen hätte, wäre es vielleicht auch anders gewesen. Du kannst gegen solche Mannschaften wie Podgorica nur gewinnen, wenn Leute wie Kerstin, Nadja, Jana einen optimalen Tag erwischen. Das sind unsere Leistungsträger und auf die will ich auch setzen. Das ist ganz wichtig.“

Ihre Chancen für die Hauptrunde sind natürlich weiterhin intakt?

Herbert Müller: „Das läuft auf das direkte Duell gegen Podravka hinaus. Ich hoffe, dass Skopje heute auswärts gewonnen hat (26:27 – d. R.). Das wäre ganz wichtig. Wir werden auch um unsere Chance im Heimspiel gegen Skopje fighten. Wir wissen auch, dass wir in Podgorica keine Chance haben.“

Zur Hauptrunde bitte noch einen Blick voraus. Sie haben sicherlich auch Leipzig verfolgt: Meine These ist, dass eine deutsche Mannschaft ins Viertelfinale der Champions League kommt.

Herbert Müller: „Das wäre natürlich wünschenswert. Leipzig wird keine Probleme haben, sich in ihrer Gruppe durchzusetzen. Sogar als Erster, davon bin ich überzeugt. Und ich denke, dass wir beide die Qualität haben. Wenn man davon ausgeht, dass die direkten Duelle gegen die Mannschaften aus der Gruppe A gewonnen werden. Wenn deutsche Mannschaften international spielen, muss man einfach die Daumen drücken. Bei allem Konkurrenzkampf ist das, glaube ich, ganz, ganz wichtig.“

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

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