Iveta Luzumova – Die Königin der Saison

Iveta Luzumova (Thüringer HC) und Berndt Dugall (HBF-Vorsitzender) - Foto: Hans-Joachim Steinbach
Iveta Luzumova (Thüringer HC) und Berndt Dugall (HBF-Vorsitzender) – Foto: Hans-Joachim Steinbach

Die Trainerinnen und Trainer sowie die Mannschaftsführerinnen der Handball Bundesliga der Frauen wählten Spielmacherin Iveta Luzumova vom deutschen Meister Thüringer HC mit großem Vorsprung vor ihrer Torfrau Dinah Eckerle und vor Karolina Kudlacz-Gloc (SG BBM Bietigheim) zur Spielerin der Saison. Dinah Eckerle ist damit zugleich die beste Torhüterin der Saison.

In der Handball Bundesliga warf Iveta Luzumova bis zum 26. Bundesliga-Spieltag 246 (107 Strafwürfe) Tore und gewinnt damit klar vor Angie Geschke vom Pokalsieger VfL Oldenburg die Scorer-Wertung der besten Werferinnen der Bundesliga.

Die tschechische Nationalspielerin, die seit 2013/14 im Trikot des Thüringer HC spielt, ist damit die überragende Spielerin in der deutschen Handball Bundesliga der Frauen – die Königin der Saison.

Ein Beitrag von Hans-Joachim Steinbach.

28.05.2018 – Steinbach / SPORT4FINAL / Frank Zepp:

Herbert Müller ist stolz auf seine „Anführerin“. Sie selbst hat nun erstmals völlig verletzungsfrei alle 43 Pflichtspiele des Thüringer HC (26 Bundesliga/3 DHB-Pokal/14 Champions-League) der Saison bestritten. Mit 9,5 Toren pro Spiel hat Iveta Luzumova einen neuen und historischen Bundesliga-Rekord aufgestellt. Sie übertrifft damit die bisherige Bestmarke von Shenia Minevskaja (TuS Metzingen) und Katrin Schneider (DJK/MJC Trier), mit bisher 239 Toren aus der Saison 2013/2014 mit 32 Spielen (zusätzliche Meister- und Abstiegsrunde) deutlich (7,5 Tore/Spiel). In der gesamten Saison hat Iveta in allen 43 Pflichtspielen 382 Tore für den Thüringer HC geworfen – insgesamt in ihrer THC-Laufbahn bereits 902 Tore. Sie ist damit nach Katrin Engel die zweite THC-Spielerin, die die Marke von 1.000 Toren übertreffen kann.

Iveta Luzumova - Handball Königin - Thüringer HC - Foto: Hans-Joachim Steinbach
Iveta Luzumova – Handball Königin – Thüringer HC – Foto: Hans-Joachim Steinbach

Iveta Luzumova wurde am 3. April 1989 in der südböhmischen Stadt Pisek (90 km bis Prag/30.000 Einwohner) geboren. Sie war also Säugling, als das kommunistische System auch in der Tschechoslowakei zusammenbrach und der eiserne Vorhang mitten durch Europa aufbrach. Schon als Kind erlernte Iveta das Handball spielen in ihrem Heimatort bei Sokol Pisek. In diesem Verein spielte sie 15 lange Jahre, von 1997 bis 2012. Drei Jahre lang von 2009/10 bis 2011/12 spielte Sokol Pisek im Challenge Cup der EHF.

Mit 19 Jahren, am 5. März 2009 gegen Slowenien, schaffte sie den Sprung in die tschechische Nationalmannschaft. Bisher hat sie für Tschechien 97 Länderspiele bestritten und dabei 401 Tore geworfen. Bei der Weltmeisterschaft in Deutschland 2017 gehörte sie zu den Top Scorerinnen und spielte schon auf dem Niveau Weltklasse.

Mit 23 Jahren zog es Iveta Luzumova in die Handballwelt, zunächst nach Frankreich zum Erstligisten Mios Biganos, aber nur für eine Saison. Gleich darauf holte sie der Champions-League-Teilnehmer und bis dato 3-fache deutschen Meister und zweifache DHB-Pokalsieger Thüringer HC in den Kader. Der Thüringer Handball Club hatte sich seit der Saison 2010/2011 unter dem Trainerduo der Geschwister Herbert und Helfried Müller von einem Handball Underdog zu einer deutschen Frauenhandball Spitzenadresse entwickelt. Zuvor hatten die Müller-Brüder schon drei deutsche Meisterschaften mit dem 1. FC Nürnberg erreicht.

Zunächst spielte die Rechtshänderin Luzumova (1,75 Meter – 67 kg) auf der Spielmacher-Position noch im Schatten von Spielführerin Kerstin Wohlbold, die auch als Regisseurin in der deutschen Nationalmannschaft agierte. Iveta war von Anfang an eine bescheidene, liebenswürdige Frau mit Trainingsfleiß und Lerneifer, fand schnell Freunde in ihren slowakischen Landfrauen Lydia Jakubisova und Petra Popluharova, der Lebensgefährtin von Trainer Herbert Müller.

Gleich in ihrem ersten Jahr beim Thüringer HC, in der Saison mit Alexandrina Cabral Barbosa, wurde Iveta voll gefordert, als Spielmacherin Kerstin Wohlbold mit einer Kreuzband-Verletzung ausfiel. Iveta schlüpfte so großartig in die Rolle der Spielregisseurin, warf nach Barbosa (292) 184 Tore in Pflichtspielen für den THC. Für Herbert Müller war sie schon damals die Spielerin der Saison beim THC.

Die nächste Saison begann mit Verletzung und Spiel- und Trainingsausfall, Geduld war gefragt, aber zu Höchstform konnte sie in der ganzen Saison nicht auflaufen. Doch Iveta kämpfte sich zurück, fand wieder zu alten Stärken, erreichte mit 126 Pflichtspiel-Toren Platz drei hinter einer überragenden Svenja Huber und Katrin Engel.

Dann 2016/2017 kam der große Durchbruch. Iveta bestach durch Zuverlässigkeit und Torgefahr, gewann die Tor-Kanone des THC für 167 Pflichtspiel-Tore, knapp vor Katrin Engel und Manon Houette, obwohl sie nur 29 von 43 Pflichtspielen bestreiten konnte, weil sie sich im Auswärtsspiel beim HC Leipzig einen Handbruch am 18. Bundesliga-Spieltag zugezogen hatte. Trotz ihrer Verletzung landete sie noch auf Platz zwei der Spielerinnen der Saison, hinter ihrer tschechischen Kollegin Michaela Hrbkova von Frisch Auf Göppingen.

Die Belastungen über die Saison wurden ihr zum Problem, sie wollte sich nun eigentlich etwas sportlich zurücknehmen, an die Familie denken. Deshalb sagte sie zunächst ihren Wechsel nach Neckarsulm an. Doch die Enttäuschung blieb den THC-Fans erspart. Iveta korrigierte ihre Entscheidung und lief zur absoluten Weltklasse auf, als THC-Spielmacherin, bei der Weltmeisterschaft für Tschechien und in der Champions League, wo sie einschließlich der beiden Qualifikationsspiele 113 Tore warf – mit 105 Toren in Gruppenphase und Hauptrunde bei vier Spielen weniger, Platz zwei hinter Weltstar Cristina Neagu (110) in der Champions League Scorer-Liste.

Thüringer HC - Deutscher Meister - Handball Bundesliga Frauen (HBF) - Foto: Hans-Joachim Steinbach
Thüringer HC – Deutscher Meister – Handball Bundesliga Frauen (HBF) – Foto: Hans-Joachim Steinbach

Das begehrteste Trikot der THC-Fans ist das mit der Nummer 18, und das trägt Iveta Luzumova, die selbst eher lieb und bescheiden daher kommt und gar nicht so den Rummel um sie liebt. Wer sie beobachtet, wie lieb sie den Kinderwagen von Herbert Müllers Kleinstem schiebt oder wie bescheiden sie sich am Mikrofon und im Scheinwerferlicht zurückhält, vermutet dahinter nicht den Star, der sie nun mal ist. Die junge Frau aus Böhmen ist ein Familienmensch, Ihre Mutter, ihre Schwester Martina und auch der kleine Neffe „Tobik“ sind ihre größten Fans. Natürlich auch ihr Freund Stepan Kores, mit dem sie in Pisek schon im Sandkasten spielte, der bei Dukla Prag Fußball spielt. Die Fernbeziehung macht ihr schon zu schaffen, deshalb freut sie sich über jede freie Zeit, um in drei Stunden mit dem Auto nach Prag zu fahren, wo ihre Familie nun lebt. Eine Fernbeziehung gestaltet sich immer schwierig; eine unter Profisportlern noch einmal ganz besonders. Weil es keine Wochenenden und in englischen Wochen allenfalls Zeit zum Telefonieren gibt.

„Deshalb werde ich nie Trainerin“, sagte Iveta kürzlich in einem Interview in der Thüringer Allgemeine. Noch hat Iveta einen Vertrag bis 2019 und eine Reihe junger hochtalentierter deutscher Nationalspielerinnen wollen an ihrer Seite spielen und unter ihrer Führung reifen. Eine großartige Aufgabe für sie. Der Sport soll später einmal nicht ihr Leben bestimmen; dann schon eher eigene Kinder. „Ich brauche die Geborgenheit in einer Familie, um glücklich zu sein“, sagte sie. Iveta mag lieber die leisen Töne, sie schwört auf das Team, ist selbst glücklich, ein Teil dieses so erfolgreichen Teams zu sein, in welchem sie die Saison ihres Lebens und nun eine Hauptrolle spielt.

Iveta, die Königin der Saison, ist der Brillant unter den THC-Schönen und die Fans verehren und lieben sie, und schon jetzt freuen sie sich auf die nächste Saison mit ihr, wenn es zum Auftakt um den nächsten Titel im Supercup geht: Meister Thüringer HC gegen Pokalsieger VfL Oldenburg.

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