Interview mit Martin Heuberger, Handball-Bundestrainer der Männer: „Wir müssen weiter konzentriert arbeiten, um mal wieder ins Halbfinale einzuziehen.“

Herr Heuberger, vielen Dank, dass Sie sich kurz Zeit für mich nehmen. Ich möchte nochmal gern auf die WM in Spanien zurück blicken. Da haben Sie mit einem 5. Platz einen Quantensprung nach vorn gemacht. Aus dem Mittelmaß heraus als Mannschaft gleich ein oder zwei Entwicklungsstufen übersprungen.

 

Wie sehen Sie denn einige Wochen später den Entwicklungsstand der Mannschaft in der Weltspitze?

Martin Heuberger: „Ja, zunächst muss ich sagen, ein Quantensprung war dies für mich nicht. Wir haben in Serbien mit dem siebenten Platz denke ich auch schon ein respektables Ergebnis erzielt. Besser zumindest als in den Vorjahren. Wichtig war einfach, dass wir aus der Situation in Serbien gelernt haben, wo wir auch noch zu viele Wellentäler hatten. Und ich glaube die Mannschaft hat sich innerhalb dieses Jahres auch noch mal entwickelt, hat sich gesteigert und deshalb haben wir dann eben ein Stück weit besser in Spanien abgeschnitten. Und es wäre uns ja fast der ganz große Wurf mit dem Einzug ins Halbfinale gelungen. Aber gut, da waren wir auch in Serbien haarscharf dran und deshalb müssen wir weiter konzentriert arbeiten, um halt die nächsten Schritte zu schaffen und dann mal wieder irgendwann ins Halbfinale einzuziehen.“

In Ihrer Analyse nach der Weltmeisterschaft – wo fehlen uns denn noch die entscheidenden Punkte zur absoluten Weltspitze?

Martin Heuberger: „Ich denke schon, wenn wir mal so einen Filip Jicha in unseren Reihen hätten, der mal einfache Tore zwischendurch erzielt, wäre es für uns sicherlich einfacher. Aber Fakt ist, dass wir solch einen Spieler nicht haben, deshalb geht es für uns weiter über das Kollektiv. Und wir haben uns sicherlich in der Abwehr entwickelt. Da sehe ich aber immer noch Potential, dass wir noch besser werden können, was die Flexibilität angeht. Das Tempospiel war in Spanien deutlich besser als in Serbien, aber auch da haben wir vor allem, was die Wurfeffektivität angeht, in einzelnen Spielen noch nicht das Optimum erreicht. Da waren zwei Spiele dabei, wo wir hätten effektiver sein können. Und im Angriffsspiel müssen wir sicherlich daran arbeiten, dass wir auch da, was die Wurfeffektivität angeht, besser werden. Von den Außenpositionen können wir da zulegen. Und auch, denke ich, aus dem Rückraum haben wir noch etwas Luft nach oben.“

Sie haben sicher auch das spanische Abwehrsystem analysiert. Da können wir sicher auch noch etwas lernen. Denn es ist ja nicht nur einfach eine 6:0 oder 3:2:1, sondern sie wechseln doch in diesem System immer wieder die Abwehrformation.

Martin Heuberger: „Ja, offen gestanden, bin ich mir gar nicht immer so sicher, ob die spanischen Spieler immer wissen, was da alles passiert in diesem System. Sie sind sehr flexibel, sehr agil und das machen sie richtig gut und setzen damit den Gegner sehr stark unter Druck und deshalb kommen auch viele einfache Ballgewinne, die sie damit erzielen und dann auch zum Tempospiel nutzen können.“

Vielleicht noch einen Ausblick. Sie hatten am Wochenende das zweite Spiel gegen Tschechien in der EM-Qualifikation. Sie waren zufriedener gegenüber dem ersten Spiel in Brünn. Wie sehen Sie ihre Chancen für die Qualifikation zur Europameisterschaft in Dänemark 2014?

Martin Heuberger: „Ja gut, wir haben uns nach diesen beiden Spielen die Chance erhalten. Das war wichtig. Dass wir mit dem Heimsieg jetzt noch nicht im Soll sind, weil wir der Niederlage gegen Montenegro nach wie vor hinter her hinken, das ist gar keine Frage. Aber wir haben jetzt zwei Endspiele vor der Brust, die wir erfolgreich gestalten wollen und dann denke ich, werden wir uns für die Europameisterschaft qualifizieren.“

Noch eine Frage bitte zur Zusammenarbeit mit der Liga. Wie hat sich diese Zusammenarbeit seit Ihrem Amtsantritt entwickelt?

Martin Heuberger: „Grundsätzlich habe ich sehr viele gute Gespräche gehabt. Und ich sehe auch viele positive Ansätze in der Liga, dass man vor allen Dingen auch mit jungen deutschen Spielern arbeiten möchte und das stimmt mich optimistisch für die Zukunft. Wenn man das Vertrauen in diese deutschen Spieler setzt, die wir zweifelsohne in der Breite auch viele haben, wenn diese sich dann entsprechend entwickeln, dann wäre das wieder interessant für uns als Nationalmannschaft und da ist der eingeschlagene Weg sehr gut. Sicherlich braucht das alles Zeit, aber ich bin da guten Mutes, dass wir das in absehbarer Zeit alles hinbekommen.“

Und inwieweit unterstützt Sie Heiner Band in Ihrer Arbeit dabei?

Martin Heuberger: „Heiner Brand ist ja beim DHB für die Nachwuchsförderung verantwortlich und er unterstützt mich da, wo es geht. Was die A-Mannschaft betrifft, lässt er mich da schon wirken, wie ich das meine. Aber im Nachwuchsbereich ist er sehr engagiert, sehr viel unterwegs und bringt sich ein und dies ist sicherlich förderlich für den deutschen Handball.“

Wenn ich noch eine Frage zum Final Four am Wochenende stellen darf. Wer ist Ihr Favorit bei diesem Turnier?

Martin Heuberger: „Also, ich sehe schon den THW Kiel als Favorit für dieses Turnier an. Zum einen haben sie das vermeintlich leichtere Halbfinale gegen Melsungen und da werden sich Hamburg und Flensburg sicher wieder duellieren, so wie gestern schon in der Bundesliga mit dem Unentschieden. Ich sehe auch deshalb den THW vorne, weil sie auch in der Breite, im Kader, sehr gut aufgestellt sind. Ich glaube auch, was die Belastung in diesen zwei Tagen angeht, haben sie die meiste Flexibilität im Kader, können da sehr viel wechseln, was sicherlich dann auch ein Stück weit den Ausschlag geben kann für ein Finale.“

Dann ist der THW für Sie auch erster Meisterschaftsfavorit?

Martin Heuberger: „So sieht es aus, ja.“

Herr Heuberger, vielen Dank für das Interview. Ich wünsche Ihnen persönlich weiterhin viel Erfolg.

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