Sport4Final-Interview mit Christian Prokop: “Es ist das klare Ziel, in drei Jahren aufzusteigen.”

Redakteur Frank Zepp sprach mit dem Cheftrainer des SC DHfK Leipzig vor Beginn der Zweitligasaison im Männer-Handball

Christian Prokop: “Ich bin kein Handballexot, sondern ich liebe den klassischen Handball.”

 

DHfK-Cheftrainer Christian Prokop (rechts) - Foto: Sport4Final
DHfK-Cheftrainer Christian Prokop (rechts) – Foto: Sport4Final

 

Wie haben Sie sich bislang in Leipzig eingelebt?

Christian Prokop: “Als Trainer fällt das nicht schwer. Wenn man mit der Mannschaft viel zu tun hat, zweimal am Tag trainiert, viele Termine hat, wie z.B. Pressetermine oder Videoanalyse. Man kommt in keine Phase, wo man lange Weile hätte oder sich nicht einleben könnte. Aber meine Familie hat sich gut eingelebt. Wir haben nette Nachbarn und fühlen uns auch wohl in der Wohngegend.”

Sie sind das dritte Mal bei einem Verein, der schon einen Europapokal gewonnen hat. Wie groß sind die Ambitionen des Vereins in den nächsten Bundesliga-Jahren?

Christian Prokop: “Das war der Grund des Wechsels. Ich habe in den Gesprächen gemerkt, auch in der Verfolgung dieses Projektes über Jahre zuvor, dass hier sehr viel Potential liegt, dass es eine Mannschaft ist, die unheimlich jung und entwicklungsfähig ist und ein Verein, der in Zukunft noch viel bewegen wird. Das hat mich natürlich sehr interessiert. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass wir so schnell wie möglich diese ambitionierten Ziele auch erreichen.”

Die wären in dieser Saison?

Christian Prokop: “Die wären in dieser Saison sicherlich das Erreichen eines einstelligen Tabellenplatzes. Das hört sich jetzt demütig an, aber wenn man die Liga kennt und wenn man die letzten zwei Jahre vom SC DHfK verfolgt hat, ist das auch ein ambitioniertes Ziel. Weil 10 bis 12 Mannschaften um den Aufstieg, um einen einstelligen Platz kämpfen werden, da braucht man schon eine sehr hohe Konstanz in naher Zukunft.”

Sie sind drei Jahre beim SC DHfK vertraglich gebunden. Heißt das, dass Sie in den drei Jahren auch aufsteigen möchten?

Christian Prokop: “Ja, das ist das klare Ziel. Das kann man so klar und deutlich sagen. Wir wissen, dass es eine schwere Liga ist, aber trotz allem habe ich eine sehr hungrige, eine sehr entwicklungsfähige Mannschaft, wo ich jetzt auch in der Vorbereitung den richtigen Weg gesehen habe. Ich bin schon überzeugt, dass wir in den nächsten zwei Jahren ein gehöriges Wort bei der Vergabe der Meisterschaft mitsprechen können.”

Sie hatten in der Saisonvorbereitung sehr gute Ergebnisse gegen Bundesligisten und ausländische Teams. Wie bewerten Sie den Entwicklungsstand der Mannschaft nach dieser Vorbereitungsperiode?

Christian Prokop: “Ich sehe, dass die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Sie ist nicht abgeschlossen, das wäre auch falsch, dass man denkt, innerhalb von sechs, sieben Wochen Vorbereitungszeit ist der Stand ein super eingespieltes Team und es klappen alle Automatismen. Das ist nicht der Fall. Aber wir haben uns physisch gut vorbereitet. Auf der anderen Seite lag der Schwerpunkt im technisch-taktischen Bereich und da haben wir von Woche zu Woche auch deutliche Entwicklungsschritte gezeigt. Das stimmt mich positiv. Wir hatten am Ende noch mal einen Härtetest mit dem Champions-Cup, wo wir mit zwei Bundesligisten auch attraktive Gegner hatten, die uns auch vieles abverlangt haben. Und da war in meinen Augen auch kein Klassenunterschied zu sehen. Aber, es ist Vorbereitung, diese Ergebnisse sind Schall und Rauch und übermorgen zählt es.”

Wo sehen Sie noch weiteres Entwicklungspotential?

Christian Prokop: “Da sagen Trainer unisono, das sieht man in allen Bereichen. Diese Vorbereitungsphasen werden jetzt kürzer. Wir entwickeln von Woche zu Woche Taktiken für den jeweiligen Gegner. Wir müssen gucken, was bei uns gut funktioniert. Wir werden an der mannschaftlichen Entwicklung weiter arbeiten.”

Wie haben sich die Neuzugänge in das Team integriert?

Christian Prokop: “Mit den Neuzugängen bin ich zufrieden, aber auch mit dem Rest der Mannschaft. Bastian Roscheck hat sich im kämpferischen und spielerischen Bereich als Stütze für Rico Göde erwiesen. Auch Philipp Weber ist auf einem sehr guten Weg. Bleibt er gesund, ist er mit Sicherheit eine große Verstärkung für uns. Torhüter Henrik Ruud Tovas hat sich auch als Verstärkung erwiesen. Maximilian Jonsson ist einer, der leichte Tore machen kann, der aber lernen muss im spielerischen und taktischen Bereich, wann nehme ich mir einen Wurf. Aber auch da ist eine Entwicklung zu sehen.”

Haben Sie auch zwei Abwehrsysteme spielbereit trainiert, um auch während des Spiels wechseln zu können?

Christian Prokop: “Die haben wir beide. Sicherlich liegt der Fokus in der 6:0-Verteidigung und der wird gegnerbezogen ausgerichtet sein. Wir haben aber diese 5:1, 5:1 versetzte Spitze als Variante drin, weil wir mit Uli Streitenberger und auch Lukas Binder zwei enorm kampfstarke, schnelle Halbverteidiger als Außenspieler haben. Sie können einem Gegner noch mehr Druck abverlangen und dadurch kommen wir bei einigen Gegnern noch schneller in Ballbesitz und ins Tempospiel.”

Wie sieht Ihre Spielphilosophie aus?

Christian Prokop: “Sie sieht taktisch disziplinert aus. Ich bin kein Handballexot, der verschiedene ausgefallende Dinge macht, sondern ich liebe schon den klassischen Handball. Aus einer gut zufassenden, verschiebenden Abwehr, meist 6:0-Deckung, wollen wir ein punktuelles Tempospiel aufziehen. Keine Hasenjagd nach vorne gestalten, die nur schnell, schnell spielt. Und es natürlich im Angriff den Gegner mit einem variablen Positionsspiel schwer machen, uns auszurechnen.”

Hat sich bei Ihnen schon im Kopf eine “Stamm-Sieben” heraus kristallisiert?

Christian Prokop: “Es gab viele Eindrücke, die für mich relevant waren, so dass ich meine Auffassungen dort konkretisieren konnte. Aber das Ziel wird sein, dass wir unausrechenbar sind, sprich von 14 Spielern Gefahr ausgeht. Wir wollen eine hohe Konstanz bringen, also werden wir auch jeden Spieler brauchen. Die Saison ist lang und von daher gibt es eine reine erste Sechs zum ersten Spieltag nicht. Sondern es wird sich weiter heraus kristallisieren, wer eine gute Tagesform hat.”

Haben Sie auch in der Vorbereitung am wurftechnischen Repertoire arbeiten können?

Christian Prokop: “Sicherlich kommt das ein bisschen kurz, weil in dieser Vorbereitungszeit viele Themen abzuhandeln sind. Aber jetzt gerade hatten wir ein spezielles Wurftraining für die Außen und Kreisläufer. Gestern hatten wir das speziell für den Rückraum. Da wird parallel in einer Saison immer wieder dran gearbeitet und werden Verbesserungen herbei geführt.

Gibt es noch eine spezielle Vorbereitung auf den Pokalgegner Henstedt-Ulzburg am Freitag, denn gestern gab es für Empor Rostock eine herbe Heimpleite?

Christian Prokop: “In der Deutlichkeit war das eine Überraschung. Wir erwarten eine starke Truppe, die mit dem Ziel sofortiger Wiederaufstieg in die Saison gegangen ist. Sie haben erfahrene Leute in der Mannschaft. Wir werden uns nur punktuell mit Videoanalysen vorbereiten.

Wenn ich noch etwas Persönliches fragen darf. Sie waren auch ein erfolgreicher B-Nationalspieler und sind leider verletzungsbedingt ausgeschieden. Auf welcher Position haben Sie gespielt?  

Christian Prokop: “Das sieht man nicht (lacht dabei). Wirklich halblinks. Ich bin 1,90 m und hatte 84 bzw. 85 kg. Das ist also eher die leichtere Sorte. Aber meine Stärke war die Handlungsschnelligkeit – sehr schnell und dynamisch zu spielen. Das hat aber auch zur mangelnden Gesundheit beigetragen, weil die Kniee das nicht mitgemacht haben. Und leider war das eine viel zu kurze Zeit.”

Nach Ihrer Vita sind Sie im Sport und in Ihrer beruflichen Entwicklung ein ergeiziger Mensch. Sie haben Ihr Masterstudium als Lehrer für Sport und Wirtschaft absolviert. Interessieren Sie sich denn in Ihrer Freizeit auch für Finanzen oder wirtschaftliche Fragen?

Christian Prokop: “Nein (lacht dabei). Ich habe das sehr gerne abgeschlossen, natürlich mit dem vorrangigen Ziel, auch eine Absicherung neben dem Profisport zu haben. Aber das Hauptziel ist, das Gleiche wie als Spieler zu schaffen, in die erste Bundesliga als Trainer zu kommen. Dort auch mit meiner Mannschaft eine weitere Entwicklung zu nehmen. Sollte dies nicht funktionieren, sollte das auch aus familiären Gründen mal einen anderen Weg geben, dann ist sicherlich das Lehramtstudium oder der Abschluss des Lehrerberufs auch ganz wichtig. Aber es ist nicht das vorrangige Ziel gewesen.”

Ist es Ihr Ziel, sich in den nächsten zehn Jahren als Trainer in der Bundesliga zu etablieren?

Christian Prokop: “Ja.”

Eine abschließende Frage habe ich noch: Der SC DHfK als Gesamtverein ist nach Medaillen bei Olympia, Welt- und Europameisterschaften sowie Vereinstiteln fast so erfolgreich wie der FC Barcelona. Haben Sie sich schon mit der Vereinsgeschichte beschäftigt und wissen Sie vielleicht, dass der Verein bei einem Aufstieg in die erste Bundesliga 2016 genau vor 50 Jahren in Paris den Europapokal der Landesmeister gewann.

Christian Prokop: “Gut, dann habe ich noch etwas zu tun. Neben dem Videostudium mich da fort zu bilden. Nein, ich habe mich mehr mit der Geschichte vom damaligen  SC Leipzig beschäftigt. Das ist noch in Erinnerung, aber mit dem SC DHfK nur die jüngste Vergangenheit. Die Aufstiegsserie nacheinander, das ist im Kopf, aber ansonsten ist das natürlich noch Geschichtsmaterial für die Zukunft.”

Vielen Dank für das ausführliche Interview. Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Start in die Pokalrunde sowie die Bundesligasaison.

 

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